Label to watch (again): Serapian

Die Marke gibt es bereits seit 73 Jahren. Seit jeher steht der Name „Serapian” für italienische Handwerkskunst und Glamour (wurde von Ingrid Bergman und Frank Sinatra getragen), aber jetzt lohnt es sich, genauer hinzusehen. Warum? Die neuen Taschen sind traumhaft schön. Neben der exzellenten Verarbeitung spiegeln sie die Geschichte des Hauses wieder.
Warum jetzt? Nachdem der Schweizer Luxuskonzern Richemont im vergangen Jahr den italienischen Familienbetrieb kaufte, tut sich bei der Marke was: Die Kollektion wurde vom neuen Kreativ- und Marketingschef Maxime Bohé, einem Richemont-Kind, gestrafft. Bohé ist seit seinem Praktikum 2005 im Konzern in verschiedenen Rollen tätig, zuletzt sechs Jahre lang in der strategischen Planung.
Unter ihm wird der Fokus verstärkt auf das gelegt, was Serapian aus- und unverwechselbar macht. Dazu gehört z.B. eine 1947 entwickelte Flechttechnik, die die Taschen von Bottega Veneta geradezu banal aussehen lässt. Oder auch das vor Jahrzehnten in Kellergewölben eingelagerte Palmellato-Leder (rundliches Narbenmuster), das jetzt in Form einer „Riserva”-Kollektion für den Mann auf den Markt kommt. Von außen betrachtet lassen sich Firmenschätze oft leichter erkennen als von innen; wenn man mit ihnen aufgewachsen ist und sie für selbstverständlich hält.
Serapian bags Handtaschen Flechttechnik Modepilot
1947 entwickelte Flechttechnik „Mosaico”, bei welcher Lederstreifen durch gitterförmige Schlitze im Leder geführt werden. Rechts: Shopper „Secret Bag” mit eben dieser Technik in Schwarz mit weißen Lederstreifen, Herbst-/Winterkollektion 2018
Es ist wichtig, dass diese Familiengeschichte weitererzählt wird und der Betrieb nicht zu einer, sagen wir mal, reinen Fertigungsstätte für Chloé oder einer anderen Richemont-Marke wird. Auch wenn es der Qualität der Chloé-Handtaschen gut täte (An jeder roten Ampel erst mal Schrauben am Henkel nachziehen >>>). In der Vergangenheit fertigte Serapian bereits Lederprodukte für die Richemont-Marken Cartier und Dunhill.

Die Geschichte von Serapian

Die Liebe zum Handwerk brachte sie zusammen. Mit auffällig gut gearbeiteten und phantasievollen Ledertaschen in Tierform eroberte Stefano Serapian das Herz von Gina Flori. Flori führte zu dem Zeitpunkt – das war in den 1930er Jahren – ein Spielwarengeschäft im italienischen Perdua. Serapian kam als Handelsreisender vorbei. Der gebürtige Armenier betrieb ein kleines Leder-Atelier in Mailand und reiste zunächst auf dem Fahrrad, dann mit dem Zug zu potentiellen Kunden.
„Serapian” spricht man übrigens nach wie vor armenisch mit Betonung auf der letzten Silbe aus.
Die Dame des Spielwarengeschäfts wurde mehr als Kundin. Sie wurde seine Ehefrau und Geschäftspartnerin. Flori verliebte sich in Serapian und sein Talent, kam mit ihm nach Mailand, und baute das Geschäft mit auf. 1945 ließen sie die Marke „Stefano Serapian” eintragen. Das Haus, das sie in der Via Jomelli in Mailand kauften, ist heute noch Firmensitz.
 
1973 übernimmt der Sohn der beiden, Ardavast Serapian, die Firma. Er hält sich an die Werte seiner Eltern: Qualität, Engagement, Kreativität und Finesse. Er lanciert gleich nach Amtsantritt „Stepan”. Dieses charakteristisch Würfel-geprägte, beschichtete Baumwollmischgewebe ist robust und wasserfest. Bis heute werden männlich markante Weekender, Akten- und Umhängetaschen daraus hergestellt (siehe Galerie unten). Alle Arbeitsschritte, die zu einem Serapian-Produkt führen, werden nach wie vor in Italien gefertigt, heißt es. Heute von über 100 Fachkräften.

Kollektion Herbst/Winter 2018

 
Die bordeauxrote Aktentasche (5. Bild in der Galerie) wurde aus Palmellato-Leder gefertigt, das in den Kellergewölben gefunden wurde. Dort lagerte es 46 Jahre lang und entwickelte diesen warmen Farbton mit Vintage-Finish. Es wurde, zusammen mit den Lederfunden in Cognac und Flaschengrün, für die neue „Riserva”-Herrenkollektion verwendet, zu der auch Aktenmappen und Brieftaschen zählen.
Die klassische Damenhandtasche „Meliné”, die in ihrer Form an die berühmte Kelly-bag von Hermès erinnert (aber moderner wirkt), gibt es in der kommenden Herbst/Wintersaison in Mittelblau, Bordeaux, Taupe, Grau und Cognac. Alle Taschen lassen sich im Atelier aber auch individuell bestellen. Das kleine, runde Taschenmodell heißt „Gina” und hat jetzt eine runde, kleine Schließe in Silberfarben. Die Tote-Bag mit dem Logo-S ist nach ihrem Erfindungsjahr 1972 benannt und gibt es ab Spätsommer sehr geschmackvoll in komplett einfarbig: Cognac oder Grau.

Aktuell verfügbare Modelle von Serapian im Onlineshop

Photo Credit: Collage aus Fotos von Serapian
Modepilot ist Deutschlands erster Modeblog. Mit seiner Gründung in 2007 war und ist er Vorreiter der unabhängigen Mode-Berichterstattung. Noch heute wird die Seite leidenschaftlich von Mitgründerin Kathrin Bierling geführt. Sie ist eine ausgebildete und erfahrene Journalistin, die zunächst bei der Financial Times lernte und arbeitete und dann einige Jahre bei der WirtschaftsWoche beschäftigt war, bevor sie die Seiten Harpersbazaar.de, Elle.de und InStyle.de verantwortete. An Modepilot liebt sie, dass sie die Seite immer wieder neu erfinden muss, um am Puls der Zeit zu bleiben. Worin sie und ihre Autoren sich stets treu bleiben: Den Leser ernst nehmen, nicht sich selbst.

Kommentare

  • Martha sagt:

    Liebe Kathrin,

    Vielen Dank für den Tipp. Die Marke kannte ich noch nicht, aber die Taschen sind ganz nach meinem Geschmack!

    Liebe Grüße, Martha


    • Kathrin Bierling sagt:

      Liebe Martha,

      das freut mich sehr. Vielen Dank für Dein Feedback,

      Kathrin


  • Sabine sagt:

    Ich liebe den Shopper! Ab wann kann man ihn online kaufen?
  • Sabine sagt:

    PS.: Und was wird er circa kosten?
    • Kathrin Bierling sagt:

      Hallo liebe Sabine,

      die handgeflochtene "Secret Bag" kostet 1.580 Euro und wird spätestens Anfang September 2018 zu haben sein.

      Liebe Grüße,

      Kathrin


  • Customeressay sagt:

     Dankeschön! ?customer essay
  • katha sagt:

    Toller Tipp, ich kannte das Label noch nicht. Ich würde mal nach alten Taschen gucken. Eine Zeit lang habe ich mir ziemlich günstig Goldpfeil-Taschen aus den Siebzigern geschossen, das war ja damals fast "das deutsche LV". Und ich liebe Flechtleder, mal gucken, was ich finde..