Glossar: Das schwarze Erbe Saint Laurents

Es war der erste Donnerstag im Juni 2008, als sich Catherine Deneuve, Ines de la Fressange, Loulou de la Falaise, Jean Paul Gaultier, Vivienne Westwood, Sonia Rykiel, Bernadette Chirac, Monsieur Mitterand, das Ehepaar Sarkozy, Andre Leon Talley und 800 weitere wichtige Freunde des Hauses in der Kirche Saint Roche von Yves Saint Laurent verabschiedeten. Ihre Kleidung gänzlich in Schwarz hatte etwas Untermauerndes, war sie doch einst seine Lieblingsfarbe. Niemand wusste zu diesem Zeitpunkt wie es weitergeht, wie sich das Label ohne die Anwesenheit seines Maestro weiterentwickeln würde.
Nun vier Jahre und zwei Designer später, sagt Pierre Bergé, Lebenspartner des verstorbenen Yves gegenüber der aktuellen GQ Style Herbst Winter 2012 Ausgabe, dass Tom Ford und Stefano Pilati dem Label nicht gut getan haben sollen und Hédi Slimane die einzig richtige Besetzung für den Posten des Creative Directors gewesen sei. Wenn Bergé dieser Ansicht ist, denkt man nicht zweimal darüber nach, denn schließlich kannte er Yves so gut wie kein anderer. Es muss so etwas wie eine perfekte Synergie gewesen sein zwischen ihm und dem kreativen Menschen aus dem Oran. Eine Beziehung privater und geschäftlicher Natur, ohne deren Früchte das Label wohl nie so herangewachsen wäre, wie es Hédi Slimane nun entgegennehmen durfte.
Als Slimane seine erste Dior Homme Kollektion und den damit einhergehenden neuen Slim-Chic über den Catwalk schickte, war es Yves Saint Laurent, der beim Finale stehend Beifall klatschte. Auch wenn Slimane vor Dior bereits für die Herrenlinie bei YSL tätig war, so war diese Kollektion für jenes Unternehmen kreiert, das Monsieur Yves Saint Laurent einst zusammen mit Bergé erfolgreich verklagte. Damals, als er aus dem Gewinn das Label YSL aufbaute. Bergé beschäftigte sich mit Marketing und Buchhaltung, während Yves designte. In 1966 eröffnete man schließlich "Saint Laurent Rive Gauche", eine preiswertere Linie und damit auf dem Markt die Erste eines Couture-Hauses. (Bild von der Eröffnung: Man beachte das linke Kleid "Saharienne" und hier im Beitrag von Parisoffice die aktuelle Slimane Variante.) Der Name wurde nun von Hédi Slimane wieder aufgegriffen und die Hauptlinie "Yves Saint Laurent" in "Saint Laurent Paris" umbenannt.
Über die gestrige erste Damenkollektion vom neuen Designer und alten Bekannten des Hauses mag man sich streiten. Wer weiß: Vielleicht zu wenig Eleganz, zu viel L.A.-Anklänge, zu viel Hippie-Style, aber in jedem Fall ist es genau die richtige Menge an Saint Laurent der späten 60er und frühen 70er - als das Label in seiner Blütezeit stand und Partys noch so gefeiert wurden, als wäre es der letzte Tag der Couture.
Und wenn viele Jahre später, am 05. Juni 2008, die Farbe Schwarz eine andere Bedeutung hatte, so darf sie nun anlässlich der Kollektion von Hédi Slimane als etwas ganz und gar wunderbares gesehen werden. Nämlich als Zeichen einer neuen Ära des Hauses "Saint Laurent Paris".
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Kommentare

  • Hanna sagt:

    Schön auf den Punkt gebracht! Ich glaube über keine Kollektion wird diese Saison wohl mehr diskutiert... 😉