Sommermode 2020 aus Paris

Viel ist geschrieben worden über die Sommermode 2020 und ihre neue Nachhaltigkeit, die während der Modewochen demonstriert wurde. Es ist schön und auch naheliegend, dass sich Modehäudern dem Trend stellen. Wer Mode macht, fängt Stimmungen und vor allem jene der Zukunft ein, macht diese tragbar. Geht es nur um den Effekt oder auch um das, was dahinter steckt?
Tue Gutes und rede darüber. Ein Luxushaus stellte 164 Bäume, deren Wurzeln eingepackt in Jutesäcke waren, auf den Pariser Laufsteg. Jetzt, nachdem die Show vorüber ist, sollen die Bäume um Paris herum eingepflanzt werden. Sie wurden u.a. in Deutschland aufgezogen (Der Independent weiß mehr >>>). Doch das klingt jetzt alberner als es klingen soll.
 
Trotzdem ist es ein zweischneidiges Schwert, Fischerhüte aus einer Baumwoll/Polyestermischung (nicht recyclebar) mit Nylonschleier erst an Influencer zu bringen, um sie dann an als Must-have an Nachahmerinnen zu verkaufen, und gleichzeitig ein ebenso plakatives Zeichen pro Natur zu setzen. Damit meine ich auch die Greta-Thunberg-Zöpfe an eingeflogenen Models während der Show.
Mode sollte doch inspirierend sein. Immerhin inspiriert mich derlei Gehabe zu ein paar Zeilen, aber diese Mode raubt mir mehr Energie als sie mir gibt. Mit dem Fischerhut in der Hand vorm Kleiderschrank fragst Du Dich dann bald:

Does it spark joy? Oder kann das weg?

Das Nachhaltigste, was uns die Mode aktuell geben kann, sind Vorschläge, wie wir bereits produziertes Textil tragen können und uns damit auf der Höhe der Zeit befinden. Denn seit 2005 hat sich die weltweite Produktion von Schuhen und Bekleidung verdoppelt (Fast Fashion – Die Folge des Modewahnsinns, ZDF). Da kommen die Stylingideen aus Paris entgegen. So kann man im kommenden Sommer also seine Combat-Boots zu kurzen Röcken und Shorts tragen, oder eine Jeans-Bermuda zum weiten Blazer. Moderner geht es nicht. Was einem vielleicht zum Kombinieren der Garderobe fehlen könnte, sind Blusen mit Ballonärmeln. Aber die bekommt man aktuell schon aus 100 Prozent Bio-Baumwolle bei Zara >>>.

Silhouetten und Schnitte im kommenden Sommer

 
Wer, was modische Silhouetten und Ideen, neue Richtungen einschlagen möchte, kommt in Paris natürlich auch auf seine Kosten. Nicht mehr bei Celine, aber bei Balmain, Issey Miyake und Marine Serre. Dennoch glaube ich, dass sich ein übergeordneter Trend über jene von Schnitten und Farben legt. Daher hat Hedi Slimane mit seiner Vintage-Mode für Celine vielleicht doch den richtigen Riecher.
Im Zeitalter des Umdenkens – von immer schnellerem Konsum hin zu einem überlegten – bekommt der Karo-Blazer von Oma wieder einen übergeordneten Stellenwert. Nur denke ich, dass dieser Blazer im Zuge der Greta-Thunberg-Bewegung dann halt wirklich von Oma stammt und eben nicht von Celine. Denn nur dann sparkt es auch joy. Und darum geht es in der Mode letztlich.
Photo Credit: Catwalkpictures
Modepilot ist Deutschlands erster Modeblog. Mit seiner Gründung in 2007 war und ist er Vorreiter der unabhängigen Mode-Berichterstattung. Noch heute wird die Seite leidenschaftlich von Mitgründerin Kathrin Bierling geführt. Sie ist eine ausgebildete und erfahrene Journalistin, die zunächst bei der Financial Times lernte und arbeitete und dann einige Jahre bei der WirtschaftsWoche beschäftigt war, bevor sie die Seiten Harpersbazaar.de, Elle.de und InStyle.de verantwortete. An Modepilot liebt sie, dass sie die Seite immer wieder neu erfinden muss, um am Puls der Zeit zu bleiben. Worin sie und ihre Autoren sich stets treu bleiben: Den Leser ernst nehmen, nicht sich selbst.

Kommentare

  • Tini sagt:

    Danke, du sprichst mir aus dem Herzen (oder dem Modeverstand?)! Ich trage seit einiger Zeit am liebsten Secondhand, ausgerechnet ich... Früher mochte ich das gar nicht, hätte mir das für mich nie vorstellen können, und heute fühle ich mich damit einfach besser. Man geht mit der Zeit. Danke für diesen Beitrag, der mein Gefühl bestätigt, auch was Celine angeht 🙂
    • Kathrin Bierling sagt:

      Liebe Tini, freue mich sehr über Dein Feedback! Secondhand ist doppelt toll: Nicht nur, weil es die Produktion neuer Kleidungsstücke nicht weiter anfacht, sondern auch, weil es beständigen Kleidungsstücken wieder einen Wert gibt (gegenüber Billigware, z.B.), d.h. es regt, wenn überhaupt, das Konsumieren von länger tragbarer, also auch wiederverkäuflicher Ware an und nicht jene von Wegwerfprodukten. Also, wie auch immer: Danke Dir für die Rückbestätigung. Liebe Grüße,

      Kathrin


  • Marcus M. sagt:

    Das Kleid von Balmain ist schön und mal was neues.
  • Modina.de sagt:

    Wir behaupten mal, da kommen schwierige Zeiten auf die Mode-Designer zu. Sie entwickeln sich logischerweise schon immer zu Fast-Fashion hin, was ihnen auch nicht verübelt werden darf. Sie leben vom Konsum und dem Verkauf von neuen Fashion-Produkten. Der aktuelle Trend geht aber grade in die andere Richtung: Neue Mode erlaubt, aber dann nachhaltig oder eben besser noch: Second-Hand. Das macht die Sache schwierig, alter Produkte können Sie leider nicht auf dem Laufsteg präsentieren, aber wenn neue, dann doch bitte vielleicht doch Fair-Produziert.