Hinter den Kulissen: Mit Nachrichtenmoderatorin bei der Themenkonferenz

Arbeit einer Nachrichtenmoderatorin – Nachdem ich bereits aus der Maske berichtete (Was wir vom Make-up einer Nachrichtenmoderatorin lernen können >>>) und auch aus der Garderobe des Bayerischen Rundfunks, und in diesem Zusammenhang auch über den Werdegang von Nachrichtenmoderatorin Sophie von Puttkamer, komme ich nun zum vierten und letzten Teil dieser Backstage-Serie:

Redaktionsarbeit einer Nachrichtenmoderatorin

Wenn Sophie um 16 Uhr auf Sendung geht, dann ist sie spätestens um 13 Uhr „im Sender”. Und zwar bereits gut gesättigt. Ausreichend gegessen zu haben, ist essentiell, sagt sie. „Denn Du weißt nie, wann man aus dem Studio wieder rauskommt.” Damit meint sie unvorhersehbare Sondermeldungen, -sendungen, wie z.B. zu einem Amoklauf. Kaffee allerdings ist für sie tabu. Das Koffein mache sie zu hibbelig.
Um 13 Uhr wird Sophie professionell und Studiolicht-gerecht geschminkt, was dann später nur noch aufgefrischt werden muss. Anschließend läuft Sophie als Einzige mit viel Make-up durch die Redaktionsräume des BR. Hier unter all den Journalisten befindet sich ihr eigentlicher Arbeitsplatz. Dieser sieht nicht so glamourös aus wie das bunte Studio, aus dem man sie kennt. Ihre Beiträge bereitet sie in einem typischen, deutschen Konzernbüro in Hellgrau vor.
Sophie von Puttkamer Modepilot hinter den Kulissen Nachrichtenmoderation
Rundschau-Moderatorin Sophie von Puttkamer an ihrem Redaktions-Arbeitsplatz beim Bayerischen Rundfunk
Um 13.45 Uhr setzt sie sich an ihren Computer, um kurz vor der Themenkonferenz die aktuellen Themen zu checken. Sie sind bereits von einem Redakteur am Vormittag in Nachrichtentexte für die Sendung vorformuliert worden. Manches davon wird am Nachmittag schon überholt sein, muss um Zahlen ergänzt werden, oder fliegt zugunsten neuer Nachrichten raus. Von manchem Thema weiß Sophie das jetzt schon.

Themenkonferenz

Um 14 Uhr beginnt die Konferenz mit einem Redakteur, der CvD, der Producerin, der Regisseurin und Sophie. Hier werden u.a. auch die Schlagzeilen und Hintersetzer festgelegt. Als „Hintersetzer” werden die Fotos und Illustrationen bezeichnet, die links neben Sophie im Fernsehbild zu sehen sein werden. Es wird darüber diskutiert, welche Nachricht unwichtig genau ist, um rauszufliegen. Die Minutenlänge muss wieder passen.
Danach geht Sophie wieder an ihren Rechner und kürzt ihre Moderationstexte. Sie schreibt sie um, löscht Redundanzen, und achtet auf sprachliche Feinheiten. Das alles sorgt für eine neue Länge der Sprechzeit – das Computerprogramm, das sie nutzt, rechnet bei jedem umgeschriebenen Wort eine neue Sekundenangabe für den einzelnen Beitrag und die Moderation insgesamt aus. Zeitüber- und Zeitunterschreitungen leuchten rot auf. Am Ende muss es genau der Sendezeit entsprechen. Es ist ein bisschen wie Kreuzworträtsellösen, nur krasser.
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Bevor man ins menschenleere Aufnahmestudio kommt, durchquert man diesen hochtechnischen Regieraum

Ständiges Umarbeiten der Texte

Der Redakteur überprüft wiederum, ob Sophie bei all den Kürzungen nicht vielleicht eine wichtige Information aus Versehen gestrichen hat. Der Name des chinesischen Großaktionärs, Jifeng, steht nicht mehr drin. Das macht aber nichts, stellen beide fest. Der Name wird im eingespielten Beitrag zu hören sein. Außerdem weiß hier gerade keiner so richtig, wie er korrekt ausgesprochen wird, der chinesische Großaktionär. Sophie wird also einfach von einem chinesischen Großaktionär sprechen und den Namen weglassen.
Die CvD kommt herein und macht Sophie darauf aufmerksam, dass es in Berlin nun auch einen BAMF-Fall gibt mit merkwürdig genehmigten Asylanträgen. Sophie schlägt vor, das direkt ins Live-Gespräch mit dem Korrespondenten im Hauptstadtstudio zu integrieren. Die CvD findet die Idee gut und verschwindet wieder.
Um 15.25 Uhr hat Sophie ein Telefonat mit Achim, dem Kollegen aus dem Hauptstadtstudio. Sie besprechen, was sie während der Live-Schalte austauschen können. Ich lauschen ihrem Gespräch und höre nur Sophie reden: „Kann man schon etwas zu Seehofer sagen? Hat er sich zu der Affäre schon geäußert? ... Seehofer hat ja Aufklärung ohne Rücksicht auf Institutionen angekündigt... Ah, mhm, schwierig. Ok ... Wir haben jetzt wohl auch etwas mehr Zeit.”
Danach geht Sophie in die Garderobe und wirft sich einen eleganten Blazer über ihr sommerliches Outfit.

Im Studio

 
Im Studio verändert sich der zu sprechende Text zwei weitere Male: Eine umgeschriebene Meldung wird ins Studio gereicht (viertes Foto in der Galerie), während ein Beitrag eingespielt wird. Sophie muss den neuen Text schnell lesen, bevor sie wieder live auf Sendung ist und den Rest vom Teleprompter abliest. Dabei hat sie immer auch die Sekunden im Blick.
Bei der Schalte nach Berlin hat der Kollege aus dem Hauptstadtstudio dann doch mehr zu erzählen. Damit wurde die Zeit überzogen. Jetzt ist Sophie auf Anweisungen aus der Regie angewiesen: Soll sie ganz schnell sprechen, um verlorene Zeit einzuholen, oder fliegt einer der kommenden Beiträge raus? Im zweiten Fall wäre etwas zu viel Zeit gewonnen. Dann müsste Sophie langsamer sprechen, aber nicht so, dass es dem Zuschauer auffällt. Die Abmoderation bietet auch noch Spielraum. Entweder wünscht man kurz und knapp einen schönen Abend oder man verweist auf die folgende(n) Sendung(en) und erwähnt, dass man sich über ein Einschalten am nächsten Tag freuen würde, usw.
Photo Credit: Bayerischer Rundfunk
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