Mode-Experten: Die Sommertrends 2016

Welche Modetrends sind für den Sommer 2016 wichtig? Und was möchten die Experten wirklich tragen? Wir fragten Modejournalisten, Chefredakteure und Stylisten nach ihren Trend-Highlights und den persönlichen Lieblings-Looks.
Meine zwei Fragen (einmal zu den drei wichtigsten Sommertrends und einmal zu den ganz persönlichen Favoriten), erhielten erstaunlich abweichende Antworten, die meisten Punkte bekommen Gucci und Dries Van Noten, aber aus unterschiedlichen Gründen. Ring frei für die Experten-Runde!

Sommertrends 2016

Alfons Kaiser, Frankfurter Allgemeine Zeitung und Frankfurter Allgemeine Magazin

Die drei auffälligsten Sommertrends:
1. Fransen. Für Modeliebhaber vielleicht nicht neu, aber dennoch auf vielen Laufstegen von Altuzarra bis Valentino zu sehen. Sogar unsere Bundeskanzlerin hat sich jüngst in Berlin die Longchamp-Tasche Pénélope mit Leder-Troddeln zugelegt. Und wenn es keine Fransen sind, dann sind es Stoffstreifen oder Bänder, die überall herabhängen. Interessanter Trend, weil sich da was bewegt.
 
2. Hippie-Style. So fassen wir jetzt einfach mal den Alessandro-Michele-Look für Gucci zusammen. Gilt für Männer und Frauen, lässt sich gut durchdeklinieren über Muster, Volants, Rüschen, Spitze, und, klar, Fransen. Daher Mega-Trend. Hat man jemals so viele Gucci-Slipper in Paris gesehen? Und dann auch noch mit Fell!
 
3. Statement-Schmuck. Über den Modeschmuck wird er auch in die Haute Joaillerie kommen – obwohl es dann teuer wird. Miuccia Prada kann sich bekanntlich nicht irren, daher wird man riesige Ohrgehänge und üppige Halsketten noch stärker sehen als jetzt schon. Dazu kommen noch die Statement-Brillen von Gucci. Komisch nur, dass Miuccia bei Miu Miu ganz auf baumelnden Ohrenschmuck verzichtet. Aber das bezieht sich vielleicht schon auf die übernächste Saison.
 
Das möchte ich am liebsten bei Frauen sehen:
Üppigen Schmuck. Mode ist zum Gucken da – und um darüber zu reden. Und da der neue Schmuck auch noch witzig ist, kann man darüber leicht ins Gespräch kommen. Dann muss man nicht immer übers Wetter reden!

Lisa Feldmann, Chefredakteurin bei l'Officiel

Die drei auffälligsten Sommertrends:
1. Maritimes, klassisch (Giorgio Armani, Max Mara, Ralph Lauren), aber auch avantgardistisch (Carven, Kenzo, Jacquemus).
 
2. Glamour-Bohemiens, of course, geht weiter.
3. Grunge meets Elegance
Was ich selbst tragen werde...
Die überweiten Hosen von Dries van Noten bis Isabel Marant, den Tweed-Organza-Traum von Prada und beinahe alles von Céline.
 

Isabelle Braun, Modepilot

Die drei auffälligsten Sommertrends:
1. Slip-Dress. Das Slip-Dress war schon vergangene Saison häufig zu sehen, für den Sommer 2016 war es auf den Laufstegen omnipräsent. Die "Nacktkleider" (ihr erinnert euch an die Date-Szene aus Sex and the City?) sind unkompliziert zu stylen, außerdem für Zara & Co einfach zu kopieren und so erreicht der Trend die Massen. Der Unterschied zwischen Designer-Teil und Copy Cat liegt beim Material und der Verarbeitung. Ein Mangel an Qualität sieht man dann zum Beispiel an hochkrabbelnder Seide.
 
2. Tanten-Chick. Schluppenbluse, Hochgeschlossenes, Plissees – man kann es sich vielleicht noch nicht so gut vorstellen, aber wir werden aussehen wie Tante Prusseliese. Grazie Alessandro Michele!
 
3. Glamcore. Kein Trend ohne Gegentrend. Nach der Minimalismus-Welle und dem Normcore-Hoch der letzten Jahre wird wieder geschmückt. Wer sich jetzt in seinen grauen Kaschmirpullover kuschelt und die Nude-Palette im Kleiderschrank betrachtet, wird Platz schaffen müssen für Eighties Glam, Muster, (Dries van Noten!) und Statement-Accessoires.
Was ich selbst tragen werde...
Slip-Dress
...weil es das perfekte Sommerkleid ist. Reinschlüpfen, Sandalen an - fertig!

Petra Winter, Chefredakteurin bei Madame

Die drei auffälligsten Sommertrends:
1. Hemdblusenkleider! Ein legerer und im nächsten Sommer sehr fantasievoll umgesetzter Trend sind Shirt Dresses in kurz, lang, midi. Besonders schön sind die von Ports 1961.
2. Sommermäntel XXL: Toll für große Frauen sind die neuen langen Sommermäntel. Max Mara hat extrem schöne im Sailor-Look gemacht, in Weiß, mit Sternen oder auch rot-weiß gestreift.
 
3. Bauernblusen: Die Variante von Fendi aus zartem Leder sieht großartig zu schmalen Röcken aus. Auch Céline hat umwerfende Bauernblusen gezeigt.
 
Was ich selbst tragen werde...
Alle drei Trends werde ich unbedingt selbst tragen wollen. Dazu kommen zwei Accessoire-Trends: Besonders aufwändig verzierte Schultergurte für Handtaschen (z.B. von Fendi mit Blüten) und die neuen Bucket Bags (z.B. von Hermès).
 

Lisa Riehl, TM TextilMitteilungen, Modepilot

Die drei auffälligsten Sommertrends:
1. Verspielte Mädchenkleider, in denen Frauen auf den ersten Blick aussehen wie romantische Feen und auf den zweiten Blick, wegen des offensiven Nippel-zur-Schau-Tragens, dann doch ziemlich stark und selbstbewusst, beinah kriegerisch wirken. Gesehen z.B. bei Gucci, Simone Rocha, Alexander McQueen
 
2. Der eigene Stil als mentaler Wahnsinn, bei dem Materialien, Proportionen und Kleidungsstücke auf den ersten Blick willkürlich gemixt und kombiniert wirken. Ein Trend, der nach Individualität strebt und erst durch das richtige (oder eben: falsche) Styling zur Geltung kommt. Gesehen z.B. bei Dries van Noten, Prada, Miu Miu, Gucci, Haider Ackermann.
 
3. Eine Art Retro-Futurismus bei der Silhouetten vergangener Dekaden auf futuristische Details und Metallics treffen. Gesehen z.B. bei Loewe, Maison Margiela, Louis Vuitton, Aquilano.Rimondi
 
Was ich selbst tragen werde...
Den mentalen Wahnsinn werde ich selbst tragen, denn so kann ich all die bisher unkombinierbaren Fehlkäufe in meinem Kleiderschrank bis in die Unendlichkeit übereinander tragen. Ich werde wie eine Verrückte aussehen, aber wenn ich den Trend richtig verstanden habe, dann ist das ja der Sinn.

Barbara Markert, Modepilot

Die drei auffälligsten Sommertrends:
1. Die akzentuierte Schulter: Entweder bleibt sie frei durch einen amerikanischen Ausschnitt, Cut-Outs an der Schulterpartie (Erdem, Katranzou und viele, viele mehr) oder sie wird akzentuiert durch aufwändige Ärmel, Raffungen oder Rüschen (siehe Modepilot-Post). Zu diesem Trend gehören auch die ultra-gecroppten Tops, die drübergezogen werden (Kenzo, Louis Vuitton)
 
2. Transparenz: Ein Trend, an dem die Designer seit Jahren eisern festhalten, auch wenn er sich schlecht verkauft, weil nicht tragbar. Durchsichtige Blusen und freien Blick auf Busen gab es überall auf den Laufstegen. Manche wie Prada, Lutz Huelle oder Dries van Noten setzen das Thema besser um und nutzen die transparenten Stoffe für Trompe-l’oeil Effekte. Andere behelfen sich mit Brassières, über den Stoff aufgenähte BH’s verschiedenster Art. Intelligent umgesetzt ist das Thema als transparente Einlage, Spitzeneinsätze oder in Patchwork-Technik. In Perfektion zeigte das Designer-Duo von Valentino, wie Transparenz tragbar umgesetzt werden kann.
 
3. Flyway Ribbons, fliegende Bänder. Wir sehen sie zum Beispiel als überlange Schleifen an Tops und Kleidern (Chloé) oder als extralange Gürtel (Alexander McQueen, Isabel Marant, Erdem), aber auch als dünne Tücher um den Hals gebunden (Jonathan Saunders). Ein Trend der selbst strengen Looks eine Schuß Leichtigkeit verleiht.
 
Was ich selbst tragen werde...
Fließende Kleider in Maxi- oder Midi-Länge. Sie sind für mich eine Fortsetzung des Gypset-Trends, aber sie sind in dieser Saison noch mehr im 70er Jahre Stil umgesetzt – in Form von Kaftans oder langen Tuniken. Die schönsten hatte Chloé, aber es gab sie auch bei Cédric Charlier, Céline, Valentino und vielen anderen. Das ideale Sommeroutfit nicht nur für den Urlaub, sondern auch für einen lässigen Casual-Stil in der Stadt. Ich habe mir gleich diese Woche ein Modell gekauft von Modetrotter für nächsten Sommer. Ideal zu tragen auch in der Übergangszeit mit Sneakers und einem dicken Oversize-Pulli drüber. Der lässigste Look des nächsten Sommers.
 

Julia Werner, stellv. Chefredakteurin bei Glamour

Die drei auffälligsten Sommertrends, bzw. die drei Ah´s:
1. Army. War irgendwie nie weg, hat aber noch nie so sexy ausgesehen wie jetzt bei Versace: Military. Bester Look: der Epauletten-Blazer mit Taillengürtel als Kleid.
Versace Military Sommertrends 2016 Modepilot
Versace
2. Ärmel. Sie sind das neue Dekolleté! An den Schultern trägt man jetzt eine ganze Theaterbühne mit sich herum: gebauscht, verfremdet, überdimensioniert. Großes Drama! (J.W. Anderson, Céline)
 
3. Aristokratie. Alessandro Michele hat sich für seinen Gucci-Look die Spezialität der italienischen jungen Adligen abgeschaut: möglichst viel Vintage und exzentrischen Familienschmuck aus Großmutters Garderobe mixen und dabei ein wenig hochnäsig schauen. Jetzt können sich die Damen auf ihre königliche Abneigung gegen Modelabels gar nichts mehr einbilden.
 
Was ich selbst tragen werde...
Vielleicht die Ärmel, falls ich das Arm-Workout für nächsten Sommer mal wieder nicht hinbekomme. Ansonsten, wie immer: was Hübsches von Dolce & Gabbana, denn es gibt ja nichts Zeitloseres als das Dekolleté.

Ich, Kathrin Bierling, Modepilot

Die drei auffälligsten Sommertrends:
1. Paperbag-Style, also hoch und weit geschnittene Röcke und Hosen, die man wie eine Papiertüte zusammen knüllt, bzw. mit einem Gürtel zusammenzurrt. Für mich die logische Fortsetzung der immer höher angesetzten Taille (nach immer tiefer gelegten Jeans, wir erinnern uns ungern). Die Karottenhose, die wir zunächst auf den Straßen von New York und Berlin sahen, löste endlich low-rise und Muffin-Effekt ab. Mit dem Look von Tod's findet die weiblichere Po-Verpackung seinen fulminanten Höhepunkt in der High Fashion.
 
2. Lange Ohrringe. Nie sah man so viele lange und auffällige Ohrringe auf den Laufstegen wie jetzt für den kommenden Sommer. Da von feingliedrig bis Cindy Lauper-laut alles dabei ist, kann jeder für sich ein Modell finden.
 
3. Schulterfreie Volant-Tops. Es gibt die Variante, die zu allem passt von MSGM: Weiß mit Streifen in Petrolblau, Organge und Schwarz. Und wir sahen zahlreiche Cocktail- und Tageskleider mit diesen Volants auf Brusthöhe (bei Jason Wu, zum Beispiel) – freilich nichts für Frauen, die sich über eine zu große Oberweite ärgern. Umso dankbarer für alle anderen.
 
Was ich selbst tragen werde...
Die wichtigsten Modetrends sind für mich auch welche, die ich mir für mich vorstellen kann – daher siehe oben. Man kann ja leider nur von sich ausgehen. Daher würde ich mir eine Hose bei Tod's bestellen und die "Iliade"-Ohrringe von Hermès in Roségold mit Lack in "Paradiesblau" (gibt es schon für 305 Euro online bei Hermès >>>) Wegen der Volant-Tops schaue ich dann, aber das von MSGM wird meine Entscheidung beeinflussen.

Natalie Manchot, Modechefin bei Madame

Die drei auffälligsten Sommertrends:
1. Neue Leichtigkeit: Lingerie/Spitze/Satin (Givenchy, Calvin Klein, Philosophy di Lorenzo Serafini)
 
2. Eklektik: Mix the unmixable (Dries Van Noten, Prada, Marc Jacobs, Gucci)
 
3. Folklore/Ethno: Around the World (Chloé, Dolce & Gabbana, Valentino)
 
Was ich selbst tragen werde...
Lingerie/Slipdress von Calvin Klein Collection, weil das die schönste Kollektion ist, die ich seit Langem gesehen habe!!!

Julia Zirpel, Modechefin bei Myself

Die drei auffälligsten Sommertrends:
1. Innoscence & Seduction .Lingerielooks, von Wäsche inspiriert, Spitze, Rüschen, viel Weiß und Transparenz – von sinnlich bis sexy. Vor allem in Paris. Ist es die Sehnsucht nach einer heilen Welt, Reinheit und Klarheit? Oder die Suche nach der verlorenen Unschuld? Bei Céline: zart & feminin; bei Givenchy: sexy; bei Dior und Balenciaga: historisch, viktorianisch.
 
2. Diversity: erst durchs Mischen komplett verschiedener Stile entsteht der Look. Es wird kein Stil von Kopf bis Fuß vorgegeben. Diktat eines Trends ist passé, kombiniert werden darf alles – die Individualität des Einzelnen ist wichtiger als ein übergeordneter Trend. Jede Frau darf selbst inspiriert sein. Miu Miu: Herrenstoffe zu Transparenz, dazu Ballettschuhe und Bikerjacken. Gucci: Jedes Outfit ein anderes Thema – Folklore gemischt mit Spitze, 70ies-Prints, Nerdbrillen, Brokat, etc. Dries van Noten: Spiel mit Kontrasten, maskulin trifft feminin, 40er Jahre treffen auf 80er Jahre.
 
3. Space Age: Futurismus, Looks wie aus einem Science Fiction Film. Neue Materialien, skulpturale Schnitte, spiegelnde Oberflächen, Mash-Materialien, … Céline, Acne, Loewe, Louis Vuitton.
 
Was ich selbst tragen werde
Diversity – am liebsten von Dries van Noten; 40er Jahre Kleid zum Oversize Männerblazer – ein Stil bei dem es keine Grenzen gibt und kein "last Season". Alles geht, so lange es mir steht und zu meinem Leben passt.

Welcher Sommertrend ist euer Favorit?

Photo Credit: Catwalkpictures, Hermès
Modepilot ist Deutschlands erster Modeblog. Mit seiner Gründung in 2007 war und ist er Vorreiter der unabhängigen Mode-Berichterstattung. Noch heute wird die Seite leidenschaftlich von Mitgründerin Kathrin Bierling geführt. Sie ist eine ausgebildete und erfahrene Journalistin, die zunächst bei der Financial Times lernte und arbeitete und dann einige Jahre bei der WirtschaftsWoche beschäftigt war, bevor sie die Seiten Harpersbazaar.de, Elle.de und InStyle.de verantwortete. An Modepilot liebt sie, dass sie die Seite immer wieder neu erfinden muss, um am Puls der Zeit zu bleiben. Worin sie und ihre Autoren sich stets treu bleiben: Den Leser ernst nehmen, nicht sich selbst.

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