Skinny bitch: Warum sind Models so dünn?

Anfang des Monats kam die Debatte um den Magerwahn in der Modebranche wieder in Schwung:  Das aktuelle Gucci-Kampagnen-Video wurde in Großbritannien verbannt. Die britische Werbeaufsicht ASA hielt ein Foto am Ende des Spots für "unverantwortlich", weil die 17-jährige Avery Blanchard "ungesund dünn" aussehe*. Das Gleiche Schicksal ereilte vergangenes Jahr eine Saint-Laurent-Kampagne.

Die "verbotene" Gucci-Kampagne

Size Zero bleibt trotz Magermodel-Verbot

Frankreich verbannte 2015 zu dünne Models vom Laufsteg. Ein ärztliches Attest muss nun bescheinigen, das sie nicht essgestört sind. Spanien verbot schon 2006 zu dünne Models auf den Laufstegen. Italien zog nach (nachdem man erst 2010 alle Models mit einer Konfektionsgröße über 40 verbannt hatte). Israel verpflichtet seit 2012 Models dazu, alle drei Monate mittels einer ärztlichen Bescheinigung nachzuweisen, dass ihr Body-Mass-Index nicht unter 18,5 liegt. Diese Beschlüsse haben wenig an der Realität auf dem Laufsteg geändert: Ein Laufstegmodel soll dünn und groß sein, grazile Gliedmaßen, einen knackig kleinen Po und ebensolche Brüste haben. In Zahlen: Konfektionsgröße 34, besser noch 32. Die vermeintlichen Traummaße 90-60-90, geprägt von einem Schönheitsideal à la Marilyn Monroe, sind kein Laufsteg-Maß. Model Lina Scheynius sagte im Interview mit dem Zeitmagazin: "Den Agenturen zufolge sind 93 Zentimeter das Maximum, aber jeder weiß, dass du für Haute Couture unter 90 Zentimeter haben musst." Wie bei diesen bekannten Models: Karlie Kloss (79, 58, 87), Candice Swanepol (84,58, 86), Daria Werbowy (87, 64, 87) – so und nun holt mal das Maßband raus.
FRAME Denim Karlie Kloss Flare Jeans White Modepilot
Karlie Kloss (79, 58, 87)
Doch warum ist das so? Laufstegkleider sehen an dünnen Frauen besser aus, gibt mancher Designer oder Experte von sich und kann sich sogleich eines Shit-Storms gewiss sein. Zum Körperbild haben wir alle eine Meinung, besonders über die der Anderen. Aber dann schön die "3 Kilo in 2 Tagen"-Diät-Tipps anklicken und damals die "Brigitte ohne Models verschmähen". Aber ich schweife ab. Das hier soll kein Kommentar, sondern eine Erklärung sein.

Sample-Size, Mustergröße, Laufstegmaße - warum eigentlich?

Weil man dann weniger Stoff für die Samples, also Musterteile braucht? Ein naheliegender Gedanke, aber nicht zutreffend. Der abwertende Ausdruck "hübscher Kleiderständer" kommt nicht von ungefähr: Je schlanker das Model, desto einheitlicher kann man die Musterteile produzieren. Im Umkehrschluss: Je größer die Größe, desto unterschiedlicher der Körperbau: Wow-Dekolletee bei der Einen, kurviger Po bei der Anderen, Bäuchlein bei der Nächsten – eine Größe 42 kann extrem unterschiedlich aussehen. Der andere, möglicherweise entscheidende Grund: Normalität verkauft sich schlecht, Illusion umso besser. So wie ältere Damen kein Smartphone mit extra großen Tasten für Silver Surfer kaufen möchten (das gab es tatsächlich und floppte), orientieren sich die meisten Frauen bei der Kaufentscheidung lieber an ihrem (meist recht niederigem) Wunschgewicht. Auch wenn das natürlich niemand bei der Model-Mager-Diskussion zugibt.
*(Quelle: ASA)
Photo Credit: Catwalkpictures
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Kommentare

  • Nick sagt:

    Ich dachte immer Models werden nach Gewicht bezahlt und bei den ganzen Kosten so einer Laufstehshow wollen die Labels da halt etwas sparen
  • Eva sagt:

    Die Maße der drei genannten Topmodels sind ja im Vergleich mit denen der viel zu mageren Masse an Laufstegmodels noch OK. Da reden wir von Hüftumfängen von unter 80 cm und einer Schallmauer, die ungefähr bei 82 cm Hüftweite liegt, die keine gesunde Frau mit 1,80 und darüber erreichen kann, ohne zu hungern. Und Sport ist ja auch nicht erwünscht, bei den ganz dünnen in den Runway-Shows ist jeder Ansatz von Muskeln unerwünscht ... ich halte das für absolut irre und diese dekadente Gucci-Ästhetik macht mich auch überhaupt nicht an. Das ist eine Bildästhetik, die wir nur deshalb "brauchen", damit Leute, die ohne ihren Instagram-Account gar nicht existent wären in der realen Welt und kein Geld verdienten, auc h etwas haben, worin sie richtig gut sind und womit sie zeitlich befristet ihr Geld machen können: einen mageren Körper ...