Was deutsche Frauen wollen

Die Zeitschrift Brigitte hat die Ergebnisse ihrer zweijährlichen KommunikationsAnalyse veröffentlicht, und siehe da: laut Umfrage sind bei deutschen Frauen C&A und H&M die "sympathischsten Modemarken". Was noch in Erfahrung gebracht wurde (wir zitieren):
"Deutsche Frauen lieben Mode, Accessoires und Schuhe. Ihr traditionell hohes Interesse an den neuesten Modetrends ist während der vergangenen Jahre noch einmal deutlich gestiegen, genauso wie ihre Bereitschaft, dafür Geld auszugeben. So bekunden in der aktuellen KA 78 Prozent der deutschen Frauen ihr Interesse an Informationen über Mode. Im Jahr 2006 lag dieser Wert noch bei 67 Prozent. Ähnlich positiv entwickelt sich das Interesse der Frauen an modischen Accessoires. Hier stieg der Wert seit 2008 von 58 auf aktuell 65 Prozent."
Im Straßenbild fällt mir das ja nicht so auf, aber vielleicht gucke ich auch falsch. Aber weiter im Text und noch mal im Detail zu den Sympathiewerten:
"Parallel zum Interesse an Modetrends steigt auch die Markensympathie für die meisten der in der KA erhobenen Modemarken. So konnten 13 der 15 sympathischsten Marken gegenüber der Voruntersuchung aus dem Jahr 2010 an Sympathiepunkten zulegen. Aktueller Spitzenreiter ist die Marke C&A, die 59,8 Prozent der Frauen sympathisch ist, gefolgt von H&M (53,2 Prozent), Adidas (51,0 Prozent), Esprit (49,4 Prozent) und s.Oliver (44,9 Prozent)." Das kann ich mir wiederum sehr gut vorstellen. "Neben den Sympathie-Marktführern profitieren aber auch viele aufstrebende Marken: So finden sich unter den zehn größten Sympathiegewinnern aller in der KA erhobenen Produktbereiche gleich vier Marken aus dem Modebereich: Jack Wolfskin (2012: 36,6 Prozent, plus 8,6 Prozent gegenüber 2010), Tamaris (34,1 Prozent, plus 7,6 Prozent), Hunkemöller (14,3 Prozent, plus 6,6 Prozent) und Tchibo (41,4 Prozent, plus 6,5 Prozent)."
Also, keiner findet Prada oder Louis Vuitton sympathisch. Das ist ja auch bitter... die tun mir jetzt fast leid.
Dann ging es noch um Preissensibilität:
"Während Marken in vielen anderen in der KA erhobenen Produktbereichen unter einem stetig steigenden Preisdruck stehen, sind Frauen in Bezug auf Modeartikel weniger preissensibel als noch vor einigen Jahren. Zwar nutzen 67 Prozent der Frauen gern den Schlussverkauf. Der Anteil der Frauen, die bei Mode stets gezielt nach günstigen Sonderangeboten oder Preisaktionen sucht, ist aber von 77 Prozent im Jahr 2004 auf aktuell 69 Prozent gesunken. Wer sich öfter mal ein neues Stück gönnt, legt offenbar weniger Wert auf die Qualität und Beschaffenheit des Materials. Zwar achten immerhin 71 Prozent der Frauen beim Kleidungskauf sehr auf die Qualität des Materials, im Jahr 2002 waren es jedoch noch 84 Prozent, die dieser Aussage zustimmten. Und während 2002 noch 73 Prozent angaben, am liebsten Kleidung aus natürlichen Materialien zu tragen, sind aktuell nur noch 61 Prozent dieser Meinung. Deshalb sollten Modemarken jedoch nicht sorglos werden bezüglich ihrer Produktionsbedingungen. Zwar verlieren in allen Branchen rein ökologische Aspekte bei Einkaufsentscheidungen gegenüber der Voruntersuchung von 2010 an Bedeutung. Im gleichen Maße steigen aber die Anforderungen, die Frauen an die soziale Verantwortung von Unternehmen stellen. So geben etwa 71 Prozent an, keine Produkte von Unternehmen zu kaufen, die Waren unter bedenklichen Bedingungen herstellen. Und 58 Prozent würden Marken von Unternehmen bevorzugen, die sich bei sozialen Projekten engagieren."
Dann wurde natürlich zum Internet befragt:
"Jede vierte Frau (27 Prozent) bestellt gelegentlich Mode aus dem Internet. Noch häufiger nutzen sie das Netz, um Preise (42 Prozent), Marken und Produkte zu vergleichen (36 Prozent). Auch als Modeberater spielt das Internet mittlerweile eine große Rolle: Schon rund ein Viertel der Frauen (23 Prozent) informiert sich dort über aktuelle Modetrends. Spitzenreiter bei den Informationsquellen bleiben weiterhin Frauenmagazine (42 Prozent) sowie Anregungen durch Freunde, Verwandte und Bekannte (41 Prozent)."
Finde ich alles in allem immer sehr spannend zu lesen, wenn auch nicht so sonderlich überraschend in manchen Ergebnissen.
P.S. Die Fakten zur Erhebung: mit der Analyse will Brigitte "repräsentativ die Einstellungen der aktuell rund 30 Millionen deutschen Frauen im Alter von 14 - 70 Jahren (bis 2008: 14 - 64 Jahre) zu allen konsumrelevanten Lebensbereichen sowie den Markendreiklang aus Bekanntheit, Sympathie und Verwendung für über 1100 Marken aus 20 Produktbereichen" ermitteln. Dem zugrunde liegen 5.026 mündliche und schriftliche Interviews, die zwischen September und November 2011 durchgeführt wurden.
Foto: via Brigitte
Photo Credit:
Modepilot ist Deutschlands erster Modeblog. Mit seiner Gründung in 2007 war und ist er Vorreiter der unabhängigen Mode-Berichterstattung. Noch heute wird die Seite leidenschaftlich von Mitgründerin Kathrin Bierling geführt. Sie ist eine ausgebildete und erfahrene Journalistin, die zunächst bei der Financial Times lernte und arbeitete und dann einige Jahre bei der WirtschaftsWoche beschäftigt war, bevor sie die Seiten Harpersbazaar.de, Elle.de und InStyle.de verantwortete. An Modepilot liebt sie, dass sie die Seite immer wieder neu erfinden muss, um am Puls der Zeit zu bleiben. Worin sie und ihre Autoren sich stets treu bleiben: Den Leser ernst nehmen, nicht sich selbst.

Kommentare

  • H-C sagt:

    Es ist beschäment, dass die Marken, die bekanntermaßen unter schlimmsten Bedingungen produzieren lassen, die höchsten Sympathiewerte haben. Schlimm.
  • Jérôme sagt:

    Zu Abschnitt 2 bis 4:

    Kein Wunder, dass Dir das im Straßenbild nicht auffällt, wenn die genannten Marken Spitzereiter sind. Oder anders gesagt: Du siehst somit alles völlig richtig.


    zu dem großen Abschnitt 5:

    Ich glaube, hier haben sich die befragten selbst belogen. Der Wunschgedanke nur Dinge zu kaufen, die unter fairen Bedingungen hergestellt wurden, ist größer als es in der Realität tatsächlich abläuft.


    zu Abschnitt 6:

    Deshalb glaube ich auch, dass das perfekte Produkt-Placement privat und in Magazinen abzuwickeln ist. Vergess Newsletter und den ganzen Kram... Out of time. Oder?


    Aber danke für die Zusammenfassung!! Sehr informativ und nützlich!!!! 😉
  • Annemarie sagt:

    Ja danke, der Artikel ist wirklich interessant.
    Allerdings heißt "an etwas Interesse zu haben" nicht zwingend, etwas auch umzusetzen, deshalb vielleicht die Diskrepanz zwischen "Modeinteresse" und Straßenbild. Auch bzgl. Nachhaltigkeit und fairen Produktionsbedingungen stellt sich der theoretische Gutmensch gerne vorbildlicher dar, als er möglicherweise handelt, wie Jerome schon ganz richtig bemerkte.
    Dass allerdings keiner Prada oder Louis Vuitton auf seiner "Sympathieliste" hatte, verwundert mich nicht (und ich finde es auch nicht bitter, sondern nachvollziehbar). Der Großteil der Bevölkerung verfügt einfach nicht um das notwendige Kapital, um dort regelmäßig shoppen zu gehen, also werden sich die meisten auch nicht unbedingt mit diesen Marken auseinandersetzen.
  • Barbara Markert sagt:

    War den Prada und Louis Vuitton überhaupt als Marke zum Ankreuzen vorgegeben? Das ist doch die Frage.

    Die Marktforschung von Gruner + Jahr tickt ja nunmal so, dass die solche Marken abfragen, die normalerweise dann auch in der Brigitte schalten und abgebildet werden. Ich denke mal, dass der Luxusbereich gar nicht abgefragt wurde. H&M sind zusammen mit Hunkemöller die einzige nicht-deutschen Marken, die genannt werden. Die Ergebnisse werden doch auch anschließend an die Firmen verkauft und ich denke, Louis Vuitton kauft nun nicht die Brigitte Studie.


  • mainlandoffice sagt:

    ....das mit prada und lv hatte ich auch eher mit einem augenzwinkern gemeint...
  • auchmilan sagt:

    ..traditionell????? hohes interesse an den neuesten modetrends...und...tchibo modebereich???

    man lernt ja wirklich nie aus! 😉


  • surface to air sagt:

    der war gut, auchmilan. 🙂
  • Bonnie sagt:

    irgendwie traurig:(
  • Maike sagt:

    Jack Wolfskin und Tchibo.... Zelt und Kaffee... das zu dem Thema Mode in Deutschland. Shopping Queen läßt grüßen!
  • Anna sagt:

    Da fällt mir nur ein: Typisch Deutschland! Bei den genannten Modemarken (und damit meine ich nicht Prada oder LV) dreht sich mir der Magen um. Dass Tchibo dabei ist ist der Gipfel!!!
  • Joma sagt:

    H-C, das fiel mir beim Lesen auch sofort auf. Mangelnde Kenntnisse kann man da mittlerweile mMn auch nicht mehr anführen.