Neues vom Beauty Pro: Porentief nachgefragt

Epigenetik

In der Genetik dreht sich alles um die Gene eines Organismus, also die Vererbung bestimmter Merkmale von einer Gene(-)ration zur nächsten. Die Epigenetik beschäftigt sich damit, wie stark die Umwelt unsere Gene beeinflussen kann und damit auch unseren Alterungsprozess. Ein spannendes Thema. Koryphäe auf diesem Gebiet ist der australische Biologe David Sinclair. Ihm folge ich schon lange. Nun hat sich ein französisches Kosmetikunternehmen seine Erkenntnisse zur Grundlage einer neuen Hautpflege gemacht.
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Schön bleiben und weniger schnell altern, z.B. mit einem Wirkstoff aus der Schale roter Trauben
Sinclair ist Professor an der Harvard Medical School in Boston und Direktor des Fachbereichs, der die biologischen Mechanismen des Alterns erforscht. Das amerikanische Time Magazine hat Sinclair als „Guru der Langlebigkeit“ betitelt.
In seinem Buch „Das Ende des Alterns“ (Originaltitel „Lifespan“) bezeichnet er Altern nicht als ein Schicksal, dem wir uns alle beugen müssen. Er sieht es als eine Krankheit an, für die es schon heute Therapiemöglichkeiten gibt und die man irgendwann möglicherweise völlig umgehen kann. Ganz schön ketzerisch, den natürlichen Rhythmus aus Leben und Sterben aushebeln zu wollen. Vor allem, wenn man die ökonomischen und gesellschaftlichen Folgen in Betracht zieht. Trotzdem ist Sinclar kein verrückter Spinner, sondern ein renommierter Wissenschaftler.

Sinclair und die Sirtuine

Der Mann hat schon mal einen epigenetischen Coup gelandet, der dann in der Kosmetik Einzug fand. Und zwar die Erforschung der Sirtuine. Man weiss inzwischen, dass es bestimmte Möglichkeiten gibt, die den Alterungsprozess verlangsamen können. Dazu gehören die Sirtuine, das sind Proteine bzw. Enzyme, die wie eine Art Kommandozentrale für unsere Gene wirken. Das erste von sieben Sirtuinen entdeckte Sinclair Anfang der Neunzigerjahre während Forschungsarbeiten an Hefepilzen. Er fand heraus, dass sich mit der Aktivierung von SIRT2 die Lebensdauer der Hefe verlängern ließ, sprich der Stoffwechsel reguliert wurde.
2018 konnte erstmals nachgewiesen werden, dass Sirtuine auch beim Menschen die Lebensspanne der Zellen beeinflussen. Inzwischen setzt die Kosmetik-Industrie Sirtuin-Booster ein. Dazu gehört auch Resveratrol, das wir bereits in verschiedenen Kosmetikprodukten finden. Das Polyphenol aus der Schale von roten Trauben steigert die Langlebigkeit der Zellen um 160 Prozent, indem die Produktion der Sirtuine (Proteine der Langlebigkeit) angeregt wird. Man kann solche Booster aber auch essen. Sie kommen in bestimmten Pflanzenstoffen vor wie Allicin in Knoblauch oder Capsaicin in Chili. Fasten aktiviert ebenfalls die Langlebigkeitsproteine.
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Das Polyphenol aus der Schale von roten Trauben steigert die Langlebigkeit der Zellen um 160 Prozent.

Sirtuine brauchen Treibstoff − Aber dieser geht ihnen mit fortschreitendem Alter aus

Sirtuine organisieren die lebenswichtige Reparatur beschädigter Abschnitte der DNA (sogenannte Gene) und steuern die Kommunikation zwischen den Zellen. Gene können komplett an- und abgeschaltet oder auch nur in ihrer Aktivität reguliert werden. Entsprechend wird dann das Protein gebildet oder nicht, bzw. mehr oder weniger davon produziert. Sirtuine werden deshalb immer mit Langlebigkeit in Verbindung gebracht. Um allerdings zu funktionieren, brauchen sie Treibstoff und der geht ihnen mit fortschreitendem Alter immer schneller aus. Er heißt Nicotinamid-Adenin-Dinucleotid (NAD).
Wenn wir also den NAD-Spiegel in unseren Zellen erhöhen, könnten unsere Sirtuine wieder zuverlässiger arbeiten und wir würden vermutlich langsamer altern. Eine solche Substanz ist Nicotinamid Mononucleotid (NMN). Bei Labormäusen führte sie zu − zugefüttert − zu mehr Lebhaftigkeit und einem längeren Leben. Sinclair nimmt deshalb nach eigenen Angaben täglich NMN ein. Aber das ist nur ein weiterer der Bausteine, die die Langlebigkeit fördern könnte. Bis wir das ewige Leben erreichen, müssen noch viele weitere Faktoren erfüllt werden, denen die Wissenschaft erst auf der Spur sein könnte.

Sinclair und TET

Ein weiterer Meilenstein in Richtung Langlebigkeit ist Dr. Sinclair mit der Entdeckung des TET-Enzyms (Ten-Eleven Translocation) gelungen. TET1 und TET2 sind DNA-Demethylasen, die die Stummschaltung von Genen rückgängig machen können. Dazu muss man wissen, dass Informationen auf der DNA über sogenannte Methylierungen gespeichert werden. Sie fungieren wie eine Art Textmarker und kennzeichnen bestimmte Bereiche, die „on“ oder „off“ geschaltet werden. Ist ein Gen stummgeschaltet, findet keine Transkription statt. Das wiederum bedeutet, dass der Bauplan für die Proteine dort nicht mehr abgelesen werden kann.
Methylierungsmuster zeigen nicht nur das Alter an, sondern sind auch selbst am Altern beteiligt. Denn in altem Gewebe ist eine getreue Aufzeichnung jugendlicher epigenetischer Informationen gespeichert, die für eine Altersumkehr genutzt werden können. Die Demethylierung durch TET-Enzyme kann die Regulation der Transkription verändern, d.h. durch Demethylasen kann die Stummschaltung wieder rückgängig gemacht werden. TET wirkt also nicht nur dem Altern der DNA entgegen, sondern hat auch einen Anti-Aging-Effekt auf die Zellen unserer Haut.

Caudalie und TET

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Die 'Premier Cru'-Linie von Caudalie, basierend auf den allerneusten Erkenntnissen der Wissenschaft
Diese Erkenntnis aus der genetischen Forschung David Sinclairs hat Caudalie als Ausgangsbasis genommen, um einen pharmazeutischen Wirkstoff zu finden, der das TET-Enzym boosten kann. Fündig wurden sie nach Tausenden von Versuchen in Honokiol. Der Extrakt aus Magnolien wird durch Öko-Extraktion gewonnen. Als potenter Partner an seiner Seite dient Resveratrol. Das Polyphenol aus in Frankreich geernteten roten Trauben verzehnfacht die Wirkung von Honokiol. Die Formel TET8 hat Caudalie zusammen mit der Harvard Medical School patentiert. Sie bildet das Herzstück der komplett neu formulierten Linie von „La Premier Cru“. Ich habe La Creme und das Serum getestet, die ich beide morgens und abends in Kombination anwende.
Das Serum hat eine sehr leichte, angenehme Textur, die schnell einzieht. Allerdings habe ich danach ein Spannungsgefühl auf der Haut, weshalb ich das Serum alleine − was ich sonst gerade in Sommermonaten gerne mache − nicht anwenden kann. Ursache dafür ist der in dem Produkt enthaltene straffende Zucker. Ich brauche die Creme darüber, die eine Art Schutzfilm bildet. Aber dann ist alles gut. Die Haut fühlt sich zart und gepflegt an. Auch mit dem Sonnenschutz, den ich tagsüber zusätzlich auftrage, gibt es keine Probleme. Nichts peelt!
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Die Augencreme von Caudalie mit kühlendem Applikator
Einen großen Erfolg verbuche ich bei der Augenpartie. Denn die Haut ist straffer und Trockenheitsfältchen bereits nach vier Wochen verschwunden. Auch Feuchtigkeitsversorgung und Ausstrahlung sind top. Eine Faltenreduzierung um 93 Prozent wie sie eine klinische Studie von Caudalie ausweist, kann ich jedoch nicht bestätigen. Allerdings erscheint mir die Studie mit nur 31 Teilnehmern auch wenig repräsentativ.

Luxus, aber nachhaltig

Was mir an „La Premier Cru“ gefällt ist, dass sich hier luxuriöser Auftritt und ökologische Verantwortung die Hand geben. 97 Prozent der Inhaltsstoffe sind natürlichen Ursprungs. Die Linie ist vegan und enthält keinerlei umstrittene Substanzen wie Parabene, Phenoxyethanol, Mineralöle, PEG, Silikone. Der Clean-Beauty-Philosophie entsprechen auch die nachfüllbaren, hochwertigen Glastiegel. Nachfüllkapseln wie auch Glastiegel sind recycelbar. Mit diesem System können laut Hersteller bei jedem Kauf − hochgerechnet auf ein Jahr − insgesamt circa 18 Tonnen Glas eingespart werden. Chapeau!
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Refill für die Caudalie-Hautcreme 'Premier Cru'
Mehr von unserer Autorin Margit Rüdiger lesen Sie jeden Freitag hier auf MODEPILOT.de – Ihre bisherigen Kolumnen gibt es hier >>> und mehr auf ihrem Blog Culture & Cream (>>>) Fragen, Wünsche, Feedback? Sie erreichen unsere Kolumnistin unter beautypro[@]modepilot.de
Photo Credit: Caudalie
Modepilot ist Deutschlands erster Modeblog. Mit seiner Gründung in 2007 war und ist er Vorreiter der unabhängigen Mode-Berichterstattung. Noch heute wird die Seite leidenschaftlich von Mitgründerin Kathrin Bierling geführt. Sie ist eine ausgebildete und erfahrene Journalistin, die zunächst bei der Financial Times lernte und arbeitete und dann einige Jahre bei der WirtschaftsWoche beschäftigt war, bevor sie die Seiten Harpersbazaar.de, Elle.de und InStyle.de verantwortete. An Modepilot liebt sie, dass sie die Seite immer wieder neu erfinden muss, um am Puls der Zeit zu bleiben. Worin sie und ihre Autoren sich stets treu bleiben: Den Leser ernst nehmen, nicht sich selbst.

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