Neues vom Beauty Pro: Porentief nachgefragt

Phenol, der umstrittene Faltenglätter, ist wieder da!

Der verjüngende Effekt des Tiefenpeelings ist umwerfend, schon als dramatisch zu bezeichnen. Aber man muss eine hohe Leidensfähigkeit mitbringen und der behandelnde Arzt große Erfahrung im Umgang mit Phenol und noch mehr Fingerspitzengefühl besitzen.
Vorher Nachher Phenol Peeling Modepilot Verjüngung
Vorher-/Nachher-Bilder einer Phenol-Peeling-Patientin von Dr. Muggenthaler
Phenol war lange Zeit als Peelingsubstanz verpönt, obwohl es für die Haut der Jungbrunnen schlechthin ist. Es bewirkt eine Erneuerung und Optimierung nicht nur an der Oberfläche, sondern auch in der Gewebetiefe. Sonnenschäden sowie ausgeprägte Falten und Aknenarben verschwinden, die kollagenen und elastinen Fasern werden angeregt, sodaß eine Straffung stattfindet. Ähnlich einem Facelifting. Nur dass bei einem Facelift das „Sagging“, also das Absacken vom Gewebe im Vordergrund steht und nicht die Hautglättung wie bei Phenol. In jedem Fall „gewinnt“ man durch die Behandlung 10 bis 15 Jahre.

Alabasterhaut, das war einmal

Der schlechte Ruf des Phenol kommt nicht von ungefähr. Mit Schrecken erinnere ich mich an die alten US-Ladys mit ihrer glatten, aber alabasterfarbenen Haut, denen man früher in New Yorks Straßen ständig begegnete. Sie sahen so wächsern aus als wären sie Madame Tussauds Kabinett entflohen. Oder Michael Jackson, der Mitte der 90er Jahre optisch nichts mehr mit dem dunkelhäutigen Mann aus „Thriller“ (1982) gemein hatte. Seine Gesichtszüge waren kaukasisch, seine Haut milchig weiß geworden. Nach Angaben seiner Familie und Jackson selbst litt der „King of Pop“ unter Vitiligo, einer Hautkrankheit, die stellenweise zu einer Depigmentierung führt. Die noch verbliebenen braunen Partien im Gesicht soll er mittels Phenol und der verschreibungspflichtigen Bleichsubstanz Hydroquinon entfernt haben. So eine Aufhellung führt nicht nur zu einem weißen Teint, sondern auch zu einem erhöhten Sonnenbrandrisiko. Ein Grund, warum sich Jackson in späteren Jahren in der Öffentlichkeit oft nur noch völlig vermummt zeigte.

Zur Geschichte des Tiefenpeelings

Wirkungen eines Tiefenpeelings sind schon lange gut dokumentiert. Es gibt diverse Studien und histologische Untersuchungen. Schon in der Antike wurde die Anwendung von Säuren verschiedener Stärken beschrieben. Als die Ägypter:innen vor 3500 Jahren in Eselsmilch badeten, schrieben sie die hautverjüngende Wirkung zwar noch nicht der α-Hydroxy-Milchsäure zu. Aber Verfahren zur Aufhellung der Haut spielten schon damals eine große Rolle. Nebenwirkungen waren kaum bekannt und der Sicherheit einer Behandlung wurde wenig Bedeutung beigemessen.
1982 beschrieb der deutsche Dermatologe Paul Gerson Unna erstmals die Wirkung von Resorchin, Salicylsäure, Trichloressigsäure und Phenol auf der Haut. Bereits 1903 benutzte und dokumentierte der britische Hautarzt Dr. George Miller MacKee Phenol als Aknetherapie, und während des Ersten Weltkriegs erzielte Dr. La Gassé damit gute kosmetische Ergebnisse bei Pulvereinsprengungen im Gesicht. Dessen Tochter Antoinette benutze das Verfahren in den 1930er Jahren dann in den Salons von Los Angeles zur Narbenglättung und Faltenbehandlung.
Fast ausschließlich Laienoperateure befassten sich damals mit diesem Thema. Dabei waren unterschiedliche Phenol-Mischungen auf dem Markt, die neben Phenol u. a. Salicylsäure, Oliven- oder Sesamöl enthielten. Erst die US-amerikanischen Ärzte Baker und Gordon entwickelten Mitte des 20. Jahrhunderts einen modernen Standard für Phenol-Peelings. Behandelt wurde von nun an nach der Baker-Gordon-Formel: Drei Milliliter 88-prozentiges Phenol, zwei Milliliter destilliertes Wasser, acht Tropfen Flüssigseife und drei Tropfen Crotonöl. Dass in den 1980er Jahren alle Peelings aus dem Fokus von Dermatologie und Ästhetik nahezu verschwanden, war dem rasanten Aufstieg der Lasermedizin geschuldet. Aber auch diese Euphorie legte sich, als man feststellte, dass der Laser nicht immer unbedingt ein besseres Ergebnis bringt als ein Peeling.

Das neue Phenol

Dr. Frank Muggenthaler, Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und „Ästhetisch-Plastische Operationen“ führt seit 2013 in seiner Basler Klinik Phenol-Peelings durch. Viel hat sich seit der Baker-Gordon-Standardisierung getan, erzählt er. „Wir verwenden nur noch Lösungen mit einem Prozent statt zwei Prozent Crotonöl“, sagt Muggenthaler. „Dadurch erreichen wir immer noch ein tiefes Peeling, aber ohne den Bleicheffekt wie er früher eintrat. Die Haut wird gezielt geschädigt und aus den Poren wächst neue Haut.“
Wichtig für den Erfolg ist ein enges Patienten-Monitoring vor, während und nach dem Eingriff. Vor dem Peeling muss die Haut vier bis sechs Wochen mit einem Retinoid vorbehandelt werden. Leber- und Niere müssen gesund sein, es dürfen keine Herzerkrankungen vorliegen, denn Phenol wirkt nicht nur lokal, sondern auch systemisch. Aufgrund der Tiefenwirkung ist die Behandlung schmerzhaft und wird deshalb immer in Dämmerschlafnarkose durchgeführt. Circa 70 Minuten dauert es.
Vorher Nachher Eingriff Verjüngung anti-aging Modepilot
Patientin von Dr. Muggenthaler vor- und nach (rechts) einem Phenolpeeling
Dr. Muggenthaler: „Im ersten Schritt wird die Haut entfettet und mit einer Jessner-Lösung ‚vorgepeelt‘. Dann wird das Phenol-Peeling sektorenweise aufgetragen.“ Der Arzt stimmt die Intensität genau ab auf die Beschaffenheit und Problemzonen. Bei tieferen Falten wird nochmals nachgearbeitet.
Dr. Stefan Duve, der in München und Zürich arbeitet, verwendet eine Mixtur aus Phenol, TCA und Crotonöl in unterschiedlichen, auf die jeweilige Hautschädigung abgestimmten Konzentrationen. Er erklärt: „Die Peeling-Maßnahmen müssen langsam durchgeführt werden, um die Resorption von Phenol und die damit möglichen Nebenwirkungen gering zu halten.“ Relativ bald nach dem Auftragen färbt sich die Haut weiß; es tritt das sogenannte Frosting ein. Ursache ist, dass die Eiweiße der Haut gerinnen und ein weiteres Eindringen der Säure verhindern. Anschließend wird für die nächsten 24 Stunden ein wasser- und luftdichter Tape-Verband aufgelegt. Nur Augen, Nase und Mund bleiben frei.

Nichts für Angsthasen

Am nächsten Tag wird der Okklusiv-Verband abgenommen. Nur wer starke Nerven hat, sollte sich dann im Spiegel betrachten. „Man ist nach dem Peeling maximal entstellt wie ein Zombie“, gibt Dr. Muggenthaler zu. Das Gesicht ist geschwollen, blutig rot und nässt. Die Augen sind nur noch Sehschlitze. Dr. Duve zeigt seinen Phenol-interessierten Patienten Fotos, um sie auf das Kommende vorzubereiten. Nicht um sie zu schockieren, sondern auch um Kandidaten mit der richtigen Einstellung zu erkennen. Denn die Bereitschaft eines Patienten zur aktiven Mitwirkung an den therapeutischen Maßnahmen prä- und postoperativ ist mitverantwortlich für den Erfolg.
Darin sieht Dr. Duve auch den bislang schlechten Ruf der Phenolpeels begründet. Er sagt, dass Fehler gemacht wurden von Seiten der Ärzte im Vorfeld sowie bei der Behandlung und dass Patienten sich nicht an die Verhaltensregeln nach dem Peeling gehalten hätten. Infolge kam es zu Narben oder dunklen, unregelmäßigen Pigmentverschiebungen, wenn bei dunkleren Hauttypen gepeelt wurde. Was die Auswahl angeht, so sind Duve Patienten im Alter ab 50 Jahren am liebsten, weil sie den Sonnenschutz ernster nehmen als jüngere. Denn eines ist klar: Will man, dass das Ergebnis möglichst lang anhält, sollte man sich grundsätzlich mit hohem Lichtschutzfaktor (50+) schützen und auf längere Sonnenbäder in der prallen Sonne verzichten.

Maske aus Plasma und Puder

Sofort oder 24 Stunden nach dem Peeling wird eine gelbliche Puder-Plasma-Maske aufgelegt, die eine Woche lang auf der Haut verbleibt und eventuell nachgelegt wird. Das tut der „rohen“ Haut gut, die anfangs noch nässt. Das Plasma wirkt zellanregend und der Puder heilend. Um das Plasma zu gewinnen, werden ähnlich wie man es auch beim PRP- oder „Vampir“-Lift macht, circa 40 Milliliter Blut entnommen und zentrifugiert. Plasma und Bismutgallat-Puder werden zu einer pastösen Masse vermischt, die mit dem Pinsel auf die Haut aufgetragen wird. Acht Tage später ist das Schlimmste fast überstanden. Die Maske wird mit Vaseline vorsichtig gelöst. Darunter kommt die noch stark gerötete und sehr empfindliche neue Haut zum Vorschein. Schwellungen gehen nach einer Woche zurück, die entstandenen Krusten fallen nach rund zehn bis 14 Tagen von selbst ab.
„Bloß nicht nachhelfen, das kann Narben geben“, warnen die Ärzte. Während der folgenden drei Wochen muss das Gesicht mit speziellen Salben behandelt werden. Erst wenn die Rötung abgeklungen ist, kann man wieder zu seiner gewohnten Pflege zurück, inklusive der Anwendung von Retinoiden. Anfangs ist der Teint noch fleckig, lässt sich aber gut mit Make-up abdecken. Wirklich normal sieht man erst vier bis acht Wochen später aus.

Ambulant oder stationär?

Patientin mit Eigenblut-Plasma Bismut Galleat Maske
Patientin mit Eigenblut-Plasma Bismut Galleat-Maske
Aus Sicherheitsgründen und um die Phenol-Patienten gut überwachen und begleiten zu können, versorgt Dr. Muggenthaler sie acht Tage lang in seiner Klinik. Das schlägt sich natürlich auch in den Kosten nieder. Dr. Duve führt das Peeling ambulant durch mit engmaschigen Terminen in der Praxis. Trotzdem sagt er: „Ein Phenol-Peeling ist kein Lunchtime-Treatment. Es geht richtig tief. Man ist für mindestens drei bis vier Wochen nicht gesellschaftsfähig, und der Heilungsprozess ist erst nach rund einem halben Jahr komplett abgeschlossen.“
Natürlich muss man nicht immer gleich das komplette Gesicht peelen lassen. Häufiger werden die typischen Faltenzonen wie Augen- und Mundregion behandelt. Was man dazu wissen muss: „Die Haut in der behandelten Region kann hinterher einen Tick heller sein als das restliche Gesicht und auch so bleiben“, räumt Duve ein. Und weder Hals noch Dekolleté können mit Phenol behandelt werden. Die Haut ist dort zu dünn und zu empfindlich, um sie mit Phenol zu Perlen und am Körper ergibt es keinen Sinn, weil eine so großflächige Behandlung mit Phenol schon fast toxisch wäre.
Expertentipp: Dr. Muggenthaler findet, dass sich Facelifting und Phenol-Peeling ideal ergänzen: „Je nach Indikation kann es durchaus sinnvoll sein, das Lifting mit einem Phenol-Peeling zu kombinieren. Dies allerdings nur partiell. Bei einer gesamten Schälung der Gesichtshaut kann das chirurgische Lifting frühestens sechs Wochen später erfolgen.“
Beide hier gezeigten Patientinnen von Dr. Muggenthaler waren Raucherinnen und liebten ausgiebige Sonnenbäder. Diese Voraussetzungen plus eine gewisse genetische Veranlagung sorgten für eine extreme Faltenbildung, für die sich eine Verjüngung durch ein Phenol-Peeling anbietet.

Mein Fazit

Die Resultate von Phenol sind phänomenal, das muss ich zugeben. Aber wenn Sie mich fragen: Ich würde es noch nicht mal machen lassen, wenn meine ohnehin für das Peeling zu dunkle Haut es zulassen würde. Wahrscheinlich ist mein Leidensdruck nicht hoch genug, oder ich bin eben ein Angsthase!
Mehr von unserer Autorin Margit Rüdiger lesen Sie jeden Freitag hier auf MODEPILOT.de – Ihre bisherigen Kolumnen gibt es hier >>> und mehr auf ihrem Blog Culture & Cream (>>>) Fragen, Wünsche, Feedback? Sie erreichen unsere Kolumnistin unter beautypro[@]modepilot.de
Photo Credit: Dr. Muggenthaler
Modepilot ist Deutschlands erster Modeblog. Mit seiner Gründung in 2007 war und ist er Vorreiter der unabhängigen Mode-Berichterstattung. Noch heute wird die Seite leidenschaftlich von Mitgründerin Kathrin Bierling geführt. Sie ist eine ausgebildete und erfahrene Journalistin, die zunächst bei der Financial Times lernte und arbeitete und dann einige Jahre bei der WirtschaftsWoche beschäftigt war, bevor sie die Seiten Harpersbazaar.de, Elle.de und InStyle.de verantwortete. An Modepilot liebt sie, dass sie die Seite immer wieder neu erfinden muss, um am Puls der Zeit zu bleiben. Worin sie und ihre Autoren sich stets treu bleiben: Den Leser ernst nehmen, nicht sich selbst.

Kommentare

  • Kamal sagt:

    Hallo ich möchte Fenol musk

    Machen.ist das möglich ?MfG