Neues vom Beauty Pro: Porentief nachgefragt

Beauty Basics – Welche Produkte braucht man wirklich?

Im heimischen Badezimmer ist es mir eigentlich nie aufgefallen, dass ich für nahezu jeden Körperteil ein anderes Produkt zur Hand habe. Aber als ich meine Kosmetiktasche für meinen vierwöchigen Italien-Urlaub packte, ging der Reißverschluss nicht mehr zu: viel zu viele Produkte. Das brachte mich dazu, meine Pflegeroutine zu überdenken und auszusortieren. Was braucht die Haut wirklich?
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Bei der Inventur meiner Pflegeroutine, die ich täglich morgens und abends durchführe, bin ich sage und schreibe auf 20 Produkte gekommen. OMG! Eine sicher löbliche Unterstützung für das Bruttosozialprodukt, jedoch nicht für meinen Geldbeutel. Damit scheine ich aber nicht alleine zu sein. Im Jahr 2019 gaben deutsche Privathaushalte für Körperpflege rund 36,5 Milliarden Euro aus.

12 mal Gesicht, 8 mal Körper

Bei meiner Gesichtspflege zähle ich zwölf Produkte, die ich regelmäßig anwende: Reinigung, Toner, Essence, Serum, Augencreme, Anti-Aging-Moisturizer (Tag), Retinolcreme (Nacht), Maske, Sonnenschutz, Peeling, Lippenpflege und ab und an eine Ampullenkur. Klar, kombiniere ich die Produkte nicht wahllos, sondern achte immer darauf, dass alle Inhaltsstoffe kompatibel sind und auch aktiv bleiben, wenn man sie übereinander anwendet. Meist verwende ich deshalb Produkte aus einer Linie, bei der sich die Wirkstoffe auf jeden Fall vertragen und bestenfalls ergänzen.
Beim Körper komme ich auf acht Produkte. Unglaublich! Das war mir gar nicht bewusst. Also: Bodyscrub, Halscreme, Dekolleté-Busen-Pflege, Bodyserum, Körperlotion, Straffungscreme, Fuss- und Handcremes. Notwendige Hygiene-Artikel wie Duschgel, Deo, Zahncreme, etc. habe ich außen vor gelassen. Trotzdem ist dieser Überkonsum völlig bescheuert. Und genau wie beim Ausmisten des Kleiderschranks, überkommt mich auch im Badezimmer der starke Wunsch nach neuer Einfachheit. Mir drängt sich die Frage auf: Was von alledem brauche ich wirklich? Welche Produkte sind tatsächlich notwendig für die Haut und welche dienen allein dem Wohlgefühl, etwas mehr für sich getan zu haben?

Beauty Basics: Weniger ist mehr

Aufschlußreich fand ich die Antwort der Wiener Dermatologin Dr. Julia Lämmerhirt. Sie wurde gefragt, wenn sie auf eine Insel auswanden müsste und nur einen einzigen kleinen Koffer mitnehmen dürfte, welches Hautpflegeprodukt sie einpacken würde: „Wenn auf der Insel jeden Tag die Sonne scheint, würde ich eine Feuchtigkeitscreme mit UV-Schutz mitnehmen.“ Sie berichtet auch von Patientinnen, die tatsächlich nur mit einem einzigen Kosmetikprodukt verreisen und wie gut das funktioniere. Und tatsächlich stimmt es: Wer sich viel an der frischen Luft aufhält, gesund isst und keinen inneren Stress hat, hat weniger Hautprobleme. Je mehr Ärger, umso größer ist auch die Lust, sich hautpflegetechnisch zu verwöhnen. Also lieber entschleunigen und Produktballast abwerfen?
Dennoch werde ich mit einem einzigen Produkt nicht auskommen. Aber ich habe meine Basispflege, mit der ich jetzt auch verreise, drastisch reduziert.

Meine neue Routine

Tag
- Mizellen-Reinigung
- Ampulle oder Serum
- Moisturizer mit Antioxidantien und UV-Schutz
Nacht
- Mizellen-Reinigung/PeelingPad
- Serum oder Ampulle
- Retinolpflege
Körper
- Bodylotion
- Handcreme
Eine Creme für alles, das wäre natürlich praktisch. Aber die gibt es nicht, weil tatsächlich Unterschiede zwischen der Gesichts- und Körperhaut bestehen? Die Haut im Gesicht ist dünner, deshalb braucht sie intensivere Pflege. Ein Gesichtsprodukt am Körper anzuwenden, wäre sicherlich nicht falsch, aber viel zu teuer. Bei der Auswahl meiner Gesichtsprodukte habe ich mich für tagsüber auf „Schutz“ und nachts auf „Korrektur“ fokussiert. Während ich am Morgen beispielsweise ein Antioxidantien-Serum verwende, trage ich nachts ein revitalisierendes Anti-Aging-Serum auf.
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Meine Reinigungsroutine

Reinigung ist ein Muss, aber ich beschränke mich dabei auf das Wichtigste und zwar, dass Schminkreste, Sebum, Pollution und Filtersubstanzen mild, aber effektiv von der Haut genommen werden. Ansonsten kann es Irritationen hervorrufen und vorzeitiges Altern bewirken. Nach dem Aufwachen gibt es für mich nichts Erfrischenderes als mein Gesicht mit kaltem Wasser abzuwaschen. Anschließend benutze ich einen Mizellen-Reiniger, der ist ein Multitasker: Makeup-Entferner, Reinigung und Toner in einem. Alternativ setze ich zwei- bis dreimal pro Woche Peeling-Pads ein, um abgestorbene Hornschüppchen wegzurubbeln. Das ist jenseits der 40er Jahre besonders wichtig für einen klaren Teint, weil die Zellerneuerung einfach viel langsamer von statten geht.

Beauty Basics: Darauf kann ich nicht verzichten

Sonnenschutz ist ein weiterer Step in meiner Routine, auf den ich keinesfalls verzichten will. Tagsüber benutze ich einen Moisturizer mit Filter, denn tägliches UV-Licht beschleunigt nun mal die Hautalterung und Feuchtigkeit ist wichtig, damit die Haut gesund, prall und glatt aussieht. Reichhaltigere oder korrigierende Produkte wie Retinol verwende ich ausschließlich nachts, weil Retinol die Haut lichtempfindlicher macht und die Nacht für Reparaturprozesse genau richtig ist. Übrigens ergibt es keinen Sinn, möglichst schnell durch die einzelnen Schritte zu jagen. Man sollte zwischen dem Auftragen 30 Sekunden bis zu einer Minute warten, bis das Produkt richtig eingezogen ist. Die Wartezeit lässt sich gut für weitere Schritte der Beauty-Routine nutzen wie Haarekämmen, Zähneputzen, etc.

Beauty Basics: Darauf kann ich verzichten

Augencremes werden meist angepriesen für die „empfindliche Region um die Augen“. Aber ist das nicht im wahrsten Sinne „Augenwischerei“? Die meisten Produkte können nichts anderes als die Hautoberfläche befeuchten, tiefer gehen sie nicht. Deshalb sind sichtbare Resultate auch nur kurzfristig. Warum also nicht den Face Moisturizer gleich auf die unteren (und oberen!) Lider mit auftragen! Nicht funktioniert der Tipp allerdings, wenn man eine Anti-Aging-Creme mit Vitamin A oder Fruchtsäuren benutzt, die sind dafür zu aggressiv. Sonnenschutz ist unter den Augen besonders wichtig.
Gesichtsmasken sind ein klassisches „Feel good“-Beispiel und vom Pflegeaspekt her eher unnötig. Hat man das dringende Gefühl, eine Maske zu brauchen, stimmt etwas nicht an der täglichen Routine. Diese sollte effektiv genug sein, dass die Haut weder zu trocken, noch zu ölig ist oder die Poren verstopft sind.

Auch bei den Körper-Pflegeprodukten miste ich drastisch aus

Auch Bodyseren als Intensivpflege für schlaffe Haut oder Fettpölsterchen, sowie Anti-Cellulite- oder Stretchmark-Produkte beruhigen mehr das Gewissen als dass sie Erfolg bringen. All diese Probleme, wenn sie denn welche sind, haben ihren Ursprung in den Tiefen der Haut, und dagegen ist noch kein Kraut, sprich Wirkstoff gewachsen. Deshalb genügt eine gute Bodycreme oder -lotion, die oberflächlich befeuchtet und damit die Zonen schon mal rein optisch besser aussehen läßt. Am liebsten ist mir eine reichhaltigere Bodybutter.
Die Creme für Dekolleté und Hals ist ebenfalls aus dem Programm gestrichen. Zwar zeigen sich erste Fältchen nicht nur im Gesicht, sondern auch am Dekolleté. Spezielle Cremes fürs Dekolleté enthalten zumeist Wirkstoffe wie Koffein oder Tocopherol (Vitamin E), um das Bindegewebe zu stärken und vor freien Radikalen zu schützen. Im Prinzip ist es dasselbe wie bei Anti-Aging-Cremes für das Gesicht. Straffere Brüste bekommt man davon nicht. Deshalb benutze ich vom Kinn abwärts jetzt einfach meine Tages-, bzw. Nachtpflege.
Der Rest wird bei der Körperpflege mit behandelt. Damit verwöhne ich übrigens auch meine Füße. Wer regelmäßige Pediküre betreibt und keine Problemfüsse hat, kann auf spezielle Präparate verzichten. Der größte Unterschied zu normaler Bodylotion ist das enthaltene Menthol, das den Laufwerkzeugen das Frischegefühl gibt.
Vielleicht haben Sie jetzt auch Lust bekommen, Ihr Pflegeprogramm zu straffen? Und als nächstes unterziehe ich mein Make-up Bag einer strengen Prüfung. Denn auch das ist immer rammelvoll mit Unnützem.
Mehr von der Autorin lesen Sie hier auf MODEPILOT.de jeden Freitag in ihrer Beauty Pro-Kolumne (>>>) und hier auf ihrem Blog Culture & Cream (>>>)
Photo Credit: Catwalkpictures
Modepilot ist Deutschlands erster Modeblog. Mit seiner Gründung in 2007 war und ist er Vorreiter der unabhängigen Mode-Berichterstattung. Noch heute wird die Seite leidenschaftlich von Mitgründerin Kathrin Bierling geführt. Sie ist eine ausgebildete und erfahrene Journalistin, die zunächst bei der Financial Times lernte und arbeitete und dann einige Jahre bei der WirtschaftsWoche beschäftigt war, bevor sie die Seiten Harpersbazaar.de, Elle.de und InStyle.de verantwortete. An Modepilot liebt sie, dass sie die Seite immer wieder neu erfinden muss, um am Puls der Zeit zu bleiben. Worin sie und ihre Autoren sich stets treu bleiben: Den Leser ernst nehmen, nicht sich selbst.

Kommentare

  • katha sagt:

    Danke für die Tipps! Ich benutze aus Zeit- und Lustmangel ohnehin nicht viel und bei mir im Bad steht einiges unbenutzt herum - dies aber nun mit besserem Gewissen und wird künftig erst gar nicht mehr gekauft! 🙂
  • sandra sagt:

    Vielen Dank für Ihre Hautberatung.

    Wirklich, wir haben oft so viele Produkte und wir wissen nicht einmal, wofür sie sind.

    Verwenden Sie für jede Situation nur wenige, aber wirksame Produkte.


  • vivien_noir sagt:

    Ich habe teilweise 6 verschiedene Tagescremen in meinem Badezimmerschrank, meistens, weil sie mir zu reichhaltig sind, oder ich je nach Foundation mal eine reichhaltigere brauche, oder eine leichtere. Bei der La Prairie-Foundation z.B. genügt mir schon ein ganz zartes Aloe-Vera-Hyaluron-Serum darunter, und sie sieht den ganzen Tag lang super aus. Für's Gesicht teste ich aber auch immer wieder mal Neues, da sammelt sich auch was an - denn alles, was ich professionell in der Visagistik einsetzen will, muss erst einmal an mir selbst getestet worden sein! Ich kann doch meine lieben Kundinnen und Modelle nicht als "Versuchskaninchen" gleich drauflos damit behandeln...

    Deshalb stehen dann auch schon mal Säuren, Toner, Mizellenwässer und Seren, Pads und Sprays im Schrank, und ich kann meine Erfahrungen als Empfehlungen bei der Beratung miteinfließen lassen.


    Dafür bin ich bei der restlichen Körperpflege tatsächlich minimalistisch, und habe außer Handcreme (muss schnell einziehen, geht auch wunderbar an den Füßen) nur eine Körpercreme und basta.