Justin O’Shea launcht eigenes Label

„Was macht er denn jetzt?“, fragte sich die Branche, nachdem im Oktober 2016 verkündet wurde, dass Brioni und Justin O’Shea nach knapp einem halben Jahr getrennte Wege gehen. Nun wissen wir es: Bereits im Juni wird O’Shea die erste Kollektion von SSS World Corp, so lautet der Name seines eigenen Labels, in Paris während der Männermodewoche präsentieren.

Mit im Boot: 032c

SSS World Corp wird bei der Produktion von 032c unterstützt. Das Modemagazin von Jörg und Maria Koch aus Berlin ist eines der wenigen Magazine „Made in Germany“, das international Kultstatus genießt – und das gleichermaßen bei so diversen Köpfen wie Reality-TV-Star Kim Kardashian und der intellektuellen Miuccia Prada. Statt das Magazin durch den Einfluss von Anzeigenkunden verwässern zu lassen, nutzt die Marke den Status der „Über-Coolness“ für Merchandising. Es gibt Sweater, Jacken und sogar Socken mit dem Logo, die so beliebt sind, dass sie ausverkauft sind.  O'Shea kann keine klassische Ausbildung als Designer vorweisen, Maria Koch hingehen sehr wohl: Sie studierte an der Berliner Universität der Künste Modedesign, arbeitete sie für Marken wie Prada, Jil Sander und Marios Schwab und Lala Berlin. Dieses Know-How geben sie nun weiter an die Person „Justin O’Shea“. In seiner Zeit als Chefeinkäufer bei Mytheresa hat er sich zur Marke etabliert, nicht zuletzt durch die fototaugliche Inszenierung der Beziehung mit Veronika Heilbrunner. Ein bisschen Amore und ein Tänzchen in den Tuilerien brachten die Kameras zum Klicken und das Paar auf den Thron der meistfotografiertesten Modeleute.
Veronika Heilbrunner und Justin O'shea
Veronika Heilbrunner und Justin O'Shea
„Die Leute wollen keine Marke kaufen, sondern eine Idee“, sagte O'Shea im Interview mit Business of Fashion (Bof). Davon ist er schon lange überzeugt und so erklärte er mir schon in zahlreichen Interviews den Erfolg verschiedener Marken: „Die Leute kaufen den Pullover mit Tigerkopf, weil sie Teil des Lifestyles von Kenzo sein wollen.“ Und als die Modebranche in Aufruhr war und viele Hedi Slimane vorwarfen, das Erbe von Yves Saint Laurent zu verschandeln, da war er überzeugt: „ It’ll sell like hell. Nenn' mir eine Frau, die momentan die Ready-to-wear von Yves Saint Laurent trägt. Die Accessoires, wie die „Tribute Sandals“, verkaufen sich, aber der Rest eben nicht. Man muss sich fragen: Welche Frau will ich sein? Und ich bin überzeugt, dass ziemlich viele Frauen diesen sexy Rock 'n' Roll-Look à la Kate Moss tragen wollen.“ Die Modegeschichte hat ihm Recht gegeben: Unter Slimane wuchsen die Umsätze enorm.
Der gebürtige Australier will sich in einer Riege mit Labels wie Supreme, Off-White oder Gosha Rubchinskiy positionieren und das ist verdammt schlau. Durch den Einfluss der Street Style-Bewegung ist die Verschmelzung von Streetwear und Luxus gerade unübersehbar: Nicht nur, dass große Sportmarken schon lange mit Edelschneidern kooperieren (z.B. Nike und Riccardo Tisci, Adidas und Raf Simons). Auch beim Couture-Label Giambattista Valli schickte man die Models mit Nike-Leggings über den Laufsteg. Nicht zu vergessen ist in diesem Zusammenhang auch die Kooperation von Supreme und Louis Vuitton.
Justin O'shea
Ein Auszug aus dem Interview, das er damals der New York Times gab: “It’s very gangster to wear a silk shirt”, Mr. O’Shea said. “That’s the kind of guy I want to appeal to.”
A practicing gangster?
“Totally",Mr. O’Shea replied. “They’ve got so much money. I don’t think anyone actually says they want to approach gangsters, but I’m very open about it.”
Nicht so geglückt war seine Vision bei Brioni. Den italienischen Traditionsschneider krempelte er von Grund auf um: Das Logo wurde verändert, ebenso wie die Schnitte. Brioni unter Justin O’Shea hieß: Gangster-Couture mit knatschengen Armlöchern und Pelzmänteln, Metallica als Testimonials und beim Maß-Nehmen bekamen die schwerreichen Kunden ein Dosenbier gereicht. Dieser Gegensatz, edle Maßschneiderei und ein bisschen „Fear and Loathing in Las Vegas“, das ist der Look von Justin O’Shea. Die Kunden und Chefschneider waren, so hörte man, verstört und mittlerweile wurde viele  seiner Entscheidungen wieder rückgängig gemacht, wie z.B. das Logo. Vier Monate nach Justin O’Shea ging auch der Brioni CEO Gianluca Flore.
Laut Bof wird es auch bei SSS World Corp eine umfangreiche Produktlinie geben mit Jacken, Hemden, T-Shirts, Schuhen und Schmuck.
Photo Credit: Catwalkpictures
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