Ready-to-speak: Nodel

Trends erweitern unseren modischen Horizont und manchmal auch unseren Wortschatz: Zu den Begriffen Supermodels, Topmodels und Social Models (Gigi Hadid, Kendall Jenner, etc.) gesellen sich jetzt Nodels. Damit sind nicht Spaghetti-dürre Frauen gemeint, sondern „Non-Models“, die über den Laufsteg geschickt werden oder die Kampagnen großer Modehäuser zieren.
 
Nachdem Modedesigner eine Zeit lang auf Makel-Models mit markanten, äußerlichen Eigenschaften (abstehende Ohren, breite Zahnlücke) abonniert waren, setzen viele nun auf "echte Menschen", die vor allem als Person spannend sind: So lief kürzlich z.B. die Künstlerin Jane Moseley für Balenciaga, DJ Clara Deshayes für Vetements und Fotografin Petra Collins für Gucci. Marc Jacobs suchte via Instagram nach Models, Diesel bei Tumblr und Alber Elbaz castete schon für die Herbst/Winter-Kampagne 2012 Kellner und Tänzerinnen. Sogar der Sexbomben-Katalog von Pirelli lichtete für den Kalender 2016 Frauen ab, die nicht unbedingt als Modelschönheiten bekannt sind, sondern für ihre Persönlichkeit bekannt sind (so etwa Yoko Ono, Amy Schumer). Das „Nodel“ ist das große Ding.
Jacqueline 'Tajah' Murdock Lanvin Campaign real model nodel
Tänzerin Jacqueline 'Tajah' Murdock in der Lanvin-Kampagne Herbst/Winter 2012
Geprägt haben den Begriff die Designer Mike Eckhaus und Zoe Latta mit ihrem Label Eckhaus Latta. Junge Designer müssen oft aus Geldmangel nach Model-Potenzial im Freundeskreis Ausschau halten. Eckhaus Latta entschieden sich  dazu für die New York Fashion Week im September 2015 ganz bewusst. Gegenüber Vogue erklärten sie das ungewöhnliche Casting folgendermaßen: „Eine Kombination aus professionellen Models und „Nodels“, Freunden (z.B. der Patenonkel von Latta) und Kollegen. Ich denke, so erhalten unsere Kreationen eine neue Qualität“, sagte Mike Eckhaus.

Das Eckhaus-Latta Casting: Nodels & Models

 
Was Designer Mike Eckhaus recht philosophisch ausdrückt, heißt konkret: Ein wunderschönes Model, das für 50 Designer pro Saison läuft und zehn Werbekampagnen ziert, taugt nicht mehr, um eine authentische Markenidentität aufzubauen. Und Authentizität hilft bei der Identifikation: Man transferiert das Image oder die Persönlichkeit der Person auf die Kleidung. Das funktioniert mit Megastars und Ikonen, aber eben auch mit scheinbar „durchschnittlichen“ wie charakteristischen Menschen. Der Erfolg der Streetstyle-Bewegung und "Social Influencer" zeigt das auch.
Sollte demnächst also jemand sagen: "Du könntest ein Nodel sein!", dann ist das ein Kompliment und kein Versprecher.
Photo Credit: Catwalkpictures
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