Wenn ich mich auf den Straßen und in Restaurants umschaue, sehe ich häufig verlaufenen und verschmierten Lippenstift um Münder, Farbränder an Gläsern und Tassen. Wahrscheinlich hat uns die Hochphase der Pandemie mit der Pflicht zum Mund-Nasen-Schutz nahezu alles verlernen lassen, was wir jemals über das Lippen Make-up gelernt haben.

Jetzt, nachdem die Maske (fast) überall gefallen ist, können wir den Menschen wieder auf den Mund schauen. Da fällt das Schöne wie das weniger Schöne ins Auge. Wen es also interessiert, wie das Lippenschminken richtig geht...

Man liest von Zahlen, dass seit dem Fall der Masken, die Lippenstiftverkäufe um 173 Prozent gestiegen sind. Und diese vielen Stifte wollen schließlich perfekt auf den Lippen verarbeitet werden, ganz unabhängig von der Farbe. Beginnen wir mit Rot. Rote Lippen sind eigentlich immer ein Thema. Rot, wenn richtig gewählt und aufgetragen, lässt den Teint erstrahlen und verleiht Glamour, selbst dann, wenn man auf übriges Make-up (wie ich) verzichtet. Es ist die schnellste Nummer, um frisch und erholt auszusehen. Se ist aber auch die schwierigste Farbe zu schminken, weil man jeden Patzer und jede Unregelmäßigkeit sofort sieht. Das gibt auch Celia Burton, Make-up-Profi aus London, zu:

Als eine Art Aufwärm-Übung bis zur Rückkehr zu ihrem „Grundnahrungsmittel“ benutzt sie sogenannte „Lip Tints“, die wenig Farbe abgeben, sich aber schichtenweise aufbauen lassen, wenn man mehr Intensität möchte. So ein getöntes Lippenprodukt verzeiht auch kleine Schminkfehler und ergibt ein eher natürliches Finish, bei dem die Ränder des Mundes ruhig etwas verschwommen aussehen dürfen. Am besten trägt man das Produkt auf die Mitte der Unterlippe auf und verteilt die Farbe mit einem Finger hin zum Amorbogen. Ein zweiter Auftrag erhöht die Farbintensität.

Das gerade Beschriebene ist zwar eine hübsche und unkomplizierte Spielart, seine Lippen zu färben. Aber man muss einfach zugeben, dass nichts aufregender aussieht als ein sorgfältig geschminkter Mund. Wer so ein Statement setzen will, kommt allerdings nicht ohne die richtige Technik aus:

Küssen, Essen, Naseputzen − und schon sind die mühevoll geschminkten Lippen dahin. Soll die Lippenfarbe wirklich lange halten, ist die Vorbereitung essentiell. Vergessen Sie den veralteten Tipp, den Mund mit Foundation vorzuschminken. Das bewirkt das Gegenteil von dem, was man erreichen möchte: Die Farbe „verrutscht“ viel leichter auf der „seidigen“ Unterlage. Besser sind spezielle Lip Primer oder transparente Lip Liner, die man auf der gesamten Lippenfläche als Grundierung verteilt. Das fixiert den Lippenstift über viele Stunden.

Wer mehr Zeit investieren will und kann und eine nicht ganz ebenmäßige Lippenhaut hat, kann 20 Minuten vor dem Schminkstart die zarte Haut mit einem speziellen Lippen-Peeling abschmirgeln und mit einen nährenden Balm befeuchten. Diesen sollte man allerdings vor dem nachfolgenden Schmink-Akt mit einem Papiertuch von den Lippen tupfen, sonst passiert das gleiche Malheur wie mit der Foundation.

Um eine perfekte Kontur zu schaffen, gibt es zwei Möglichkeiten: a) Sie haben eine wirklich ruhige Hand und eine spitze Lippenstiftform. Dann neigen Sie ihn zur Außenseite der Lippen und beginnen vom Amorbogen ausgehend zu malen, rechts und links symmetrisch bis zu den Mundwinkeln vorarbeiten, dann die gesamte Fläche ausfüllen. b) Klappt das nicht, oder sind bereits kleine Fältchen vorhanden, in die der Lippenstift später ausbluten könnte, greifen Sie besser zu einem Lip Liner. Aber auch hier: Tragen Sie zuerst den Farblippenstift auf und konturieren dann mit dem Liner. Kleine Patzer an den Rändern vorher mit einem Wattestäbchen beseitigen.

Schmollmund gefällig? Dann lohnt es sich, den Trick der Londoner Visagistin Nikki Wolff auszuprobieren, den sie schon an Rosie Huntington-Whiteley gezeigt hat: Nur die äußeren Ecken der Oberlippe mit Lippenstift schattieren und nach innen ausblenden. „So entsteht der Eindruck einer wirklich vollen Oberlippe. Denselben Trick kann man auch für die Unterlippe anwenden", sagt Wolff. Eine ähnliche Volumen-Wirkung mit weichem Finish erzeugt auch der Tipp, den Mund mit Lippenstift auszumalen und anschließend die Ränder mit einem Pinsel oder Wattestäbchen sanft zu verwischen. Sieht natürlich aus und funktioniert sogar, wenn man keine ruhige Hand hat oder in Eile ist.

Eine Technik, die den Lippenstift bombig halten lässt, ist die Technik des "Auftragens und Abtupfens“. Besonders empfiehlt sie sich für ein Braut-Make-up. Dafür wählt man einen nicht zu harten Lip Liner, der der Lippenstiftfarbe entspricht. Den Liner von der Kontur ausgehen zur Mundmitte verteilen und das zwei- bis dreimal wiederholen. Zwischendurch die Farbe immer wieder an einem dünnen Papiertuch abdrücken. Dann den Lippenstift auftragen, abtupfen und nochmal auftragen.

Die Farbe eines Lippenstifts wählt man übrigens immer nach dem Effekt, den man erzielen möchte. Eine kräftige Lippenfarbe ist optisch unschlagbar. Wie schon gesagt, Rot ist ein Statement, wenn man den Mund in den Mittelpunkt stellen möchte. Ist die Zeit knapp oder trägt man bereits ein starkes Augen-Make-up, empfiehlt sich ein Nude-Ton. Beim Schminken der Lippen immer ein paar Wattestäbchen bereit halten. Sie sind Gold wert, wenn man mal über die Kontur hinaus geraten ist. Bei matten, hochpigmentierten Lippenstiften, die schwer von der Haut zu entfernen sind, einfach das Stäbchen mit etwas Make-up-Entferner befeuchten.

Passiert schon mal. Peinlich, wenn man knallige Farben bevorzugt und die dann auch an den Zähnen hängenbleiben. Ich bin immer froh, wenn mich eine andere Frau − am liebsten non-verbal − auf den Faux Pas hinweist. Besser ist natürlich, man vermeidet Lippenstift an den Zähnen von vornherein. Wie das geht? Nach dem Auftragen von Lippenstift zuerst die Hände waschen. Dann formt man den Mund zu einem „O“ und steckt sich den Zeigefinger zwischen die Lippen. Mund locker schließen und den Finger wieder herausziehen. Damit verschwindet die Farbe, die zu weit an das Lippeninnere geraten ist und sich auf den Zähnen abdrücken kann.