Neues vom Beauty Pro: Porentief nachgefragt

Jawline Highlighting − Wie der Highlighter aufs Kinn rutschte

Bisher haben wir das schimmernde, lichtreflektierende Produkt in Puder- oder Cremeform, um die Konturen der Wangenknochen oder des Brauenbogens zu betonen. Damit ist es vorerst vorbei. Model Bella Hadid hat es vorgemacht und damit einen neuen Make-up-Trend ausgelöst: das Jaw Highlighting.
Die Jawline, auf deutsch Kinnlinie, bezeichnet die Kieferpartie zwischen Kinn und Ohr. Sie verleiht dem Gesicht Definition und Kontur und gilt als besonders attraktiv, wenn sie deutlich ausgeprägt ist. Den Highlighter auf der Kinnkontur aufzutragen ist der neueste Beauty-Hack auf TikTok. Er verbreitet sich wie ein Virus. Jeder versucht Bellas Beauty-Geheimnis nachzumachen. Unter #jawline findet man bei TikTok inzwischen 1,5 Millionen Aufrufe. TikToker @rachelocoolmua hat es mit einem solchen Beitrag auf über 1,7 Millionen Views gebracht.
Wer ein leichtes Doppelkinn mit Puder vertuschen möchte, kennt den Trick vielleicht schon. Dieses Video stammt von 2015
Bella Hadid selbst hatte wahrscheinlich keine Ahnung, welche Lawine sie damit lostreten würde, als sie das Profil-Bild von sich, aufgenommen auf der Geburtstagsparty einer engen Freundin, auf Instagram postet. Aber ihre Highlighter-geschärfte Kinnlinie erregte Aufsehen. „Das hebt tatsächlich die Form hervor, die Sie mit der Kontur geschaffen haben," bestätigt der New Yorker Make-up-Artist Jamie Dorman, der auch Bella Hadid schon geschminkt hat.

So funktioniert „Jawline Highlighting“

Vergessen Sie Kim Kardashian und ihr Face Contouring. Jetzt hat Bella Hadid Make-up-mäßig die Nase oder genauer gesagt die Kinnkontur vorne. Statt der Wangenknochen-Highline wird die Jawline, die L-förmige Kinnkante betont. Wenn Sie den neuen Trend nachahmen wollen, benötigen Sie einen Highlighter − als Creme oder in Puderform.
Aber täuschen Sie sich nicht: Bloß einen Schimmer-Streifen auf den Kieferknochen zu pinseln, damit ist es nicht getan. So einfach geht das nicht.
Erstmal braucht man erst eine Foundation, die der Haut einen schönen Glow verleiht, denn auf matter Haut erzeugen Highlighter nicht den gewünschten Effekt. Dann werden Wangen und Kieferpartie mit Hell-Dunkel-Effekten in Form gebracht.
Das geht so: Überall, wo Licht hinfällt setzt man Highlights, also auf den Wangenknochen und der Unterkieferkontur. Wo Schatten entstehen sollen, unterhalb der Wangen und des Kiefers, konturiert man dunkel. Dabei wird der Highlighter exakt entlang des Kieferknochens aufgetragen, um am Ende leicht L-förmig vor dem Ohr zu enden.

Das Licht muss mitspielen

Am einfachsten geht es mit einem cremigen Stift, den man mit den Fingern verteilt, oder man benutzt einen dichten, nicht zu dicken Pinsel, um die Ränder zu verwischen. Denn erst der Kontrast von dunklem Underliner und hellem Highlighter ergibt den gewünschten scharf konturierten Effekt der Jawline. Dieser Look kommt am besten zur Geltung, wenn das Licht direkt auf den Kiefer fällt. Genau genommen nur, wenn das Licht darauf fällt, also eher nur etwas fürs Selfies, wenn man den Kiefer perfekt in Richtung einer Lichtquelle neigen kann.
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Wissen sollte man auch, dass die neue Schminktechnik nicht mit jedem Highlighter gleich gut funktioniert. „Vermeiden Sie extreme Schimmer-Produkte, denn die erzeugen Glanz anstatt Glow“, sagt Make-up-Artistin Tamara Janeli aus New York. Außerdem sollte man den Highlighter auf der Jawline nur sparsam verwenden, es kann auch schnell zu viel werden und dann geht der Kontureneffekt verloren.

Immer mehr gefragt: eine definierte Kinnlinie

Wie ausgeprägt eine Kinnlinie von Natur aus ist, ist genetisch bedingt. Auch bei optimalen Genen bleibt es nicht aus, dass sie ab etwa 40 Jahren aufgrund der abnehmenden Spannkraft der Haut an Kontur verliert. In einer Studie, die die „American Society for Dermatologic Surgery“ 2017 durchgeführt hat, gaben 67 Prozent der Teilnehmer an, dass sie Fettpolster unter dem Kinn und dadurch „verschwimmende“ Konturen besonders stören würden.
Elisabetta Franchi Sommer 2022 backstage Modepilot
Backstage bei Elisabetta Franchi für Frühjahr/Sommer 2022
Was früher vielleicht als Makel weniger aufgefallen wäre, rückt heute in Zeiten von Social Media besonders ins Licht. Basierend auf der Tatsache, dass Videos und Fotos, die aus allen Blickwinkeln aufgenommen werden, heute zum täglichen − wenn nicht gar stündlichen − Leben dazu gehören, war es unvermeidlich, dass auch der Kinnkante mehr Aufmerksamkeit zuteil werden würde.
Gezielte Masssage-Techniken, Face-Yoga oder Gadgets wie Jade-Roller und Gua Sha-Steine können hier nur bedingt etwas ausrichten. Sie sollen die Muskeln in diesem Bereich „trainieren“. Langfristig kann man damit der absinkenden Haut allerdings kaum entgegenwirken. Kein Wunder also, dass das die Akzentuierung des Kieferknochens auch in der ästhetischen Dermatologie bei Frauen wie Männern immer mehr in den Focus rückt.

Minimalinvasives Jawline Contouring

Die minimalinvasive Methode der Kinnlinien-Definition wird als Liquid Jawline bezeichnet. „Dabei wird volumengebende Hyaluronsäure an verschiedenen Punkten entlang der Kinnlinie eingespritzt“, erklärt Dr. Stefan Duve, Dermatologe am Haut-und-Laser-Zentrum an der der Oper in München. Die Behandlung dauert wenige Minuten und ist nur mit leichten Schmerzen der Nadeleinstiche verbunden.
Aber: Es ist eher eine dezente, natürliche Optimierung mit einer Haltbarkeit von einigen Monaten − je nach Alter und Stoffwechsel. Bei stärker ausgeprägten Hängebäckchen hat sich eine Kombination aus Unterspritzung und Fadenlifting bewährt. Fettdepots an den Wangen oder im Kinnbereich können mit einer Fett-weg-Spritze reduziert werden. Eingesetzt wird auch Botulinum, landläufig als Botox bezeichnet, um die Muskeln in dem gewünschten Bereich für eine gewisse Zeit lahmzulegen. Besonders gut ist der Effekt bei Falten an der Kinn- und Halspartie, der allerdings auch nur etwa ein halbes Jahr anhält, bis der Körper die Substanz wieder abgebaut hat.

Neuestes für eine straffe Kinnpartie

Neu im Gespräch zum Jawline Contouring ist eine längst bekannte Substanz, die Polymilchsäure. Dabei handelt es sich um in Wasser gelöste Polymilchsäurekristalle, um die der Körper kollagene Fasern bildet und damit den Straffungseffekt bewirkt. Allerdings sollte der Arzt über genügend Erfahrung im Umgang mit diesem Dermal-Filler verfügen. Die Polymilchsäure darf nicht so tief wie die Hyaluronsäure gespritzt werden. „Weil es weniger ein Dermalfiller ist, sondern eher ein Gewebeaktivator für die körpereigene Kollagenproduktion, darf man auch nicht einen sofortigen Liftingeffekt wie bei der Hyaluronsäure erwarten“, so Dr. Stefan Duve.
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Photo Credit: Catwalkpictures
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