Neues vom Beauty Pro: Porentief nachgefragt

Sommerbräune als Statussymbol

Mich erreichte eine aktuelle IKW-Umfrage. Der Industrieverband für Körperpflege und Waschmittel hat Verbraucher nach ihrem Wunsch-Teint im Sommer gefragt. 42 Prozent bräunen demnach am liebsten nur leicht. 19 Prozent wollen eine etwas intensivere Bräune und ganze vier Prozent nur – glücklicherweise – finden tief gebräunte Haut immer noch schön.
Aber woher kommt die Vorliebe für gebräunte Haut? Die Antwort von 45 Prozent der Befragten darauf lautet: Sie würden sich damit attraktiver fühlen und fänden, dass Sommer-Outfits damit besser zur Geltung kämen. Letzteres war gerade den 18- bis 29-Jährigen besonders wichtig.
Bräunen Modepilot
Ganz leichte Bräune bei Oscar de la Renta, Resort Collection 2022
Für Männer scheint die Sommerbräune übrigens eine Art Status-Symbol zu sein: Fast 25 Prozent geben zu, damit zu demonstrieren, dass sie es sich leisten können, viel Zeit in der Sonne zu verbringen oder, dass sie im Urlaub waren. Wie die Zeiten sich doch ändern. Bis vor 100 Jahren war bei Damen und Herren, die etwas auf sich hielten, Blässe angesagt. Bräune galt als Makel. Sie kennzeichnete Bauern, Sklaven und Seeleute, während die Oberschicht jeden Quadratzentimeter ihres Körpers bedeckte. Selbst zum Strand ging man in voller Montur.

Wie bräunen sich die Deutschen am liebsten?

Heute erarbeitet man sich den „Summer Glow“ am liebsten durch Sonnenbaden (50 Prozent der Befragten). Wer das nicht schafft, greift zu Selbstbräunern (11 Prozent). Und acht Prozent legen sich immer noch auf die Sonnenbank mit dem Argument, „die Haut auf die Sonne vorzubereiten“. Das ist Unsinn, denn nur weil die Haut gebräunter ist, verlängert das die Eigenschutzzeit in der Sonne nicht. Das schafft man nur mit einer Sonnencreme (am besten mit LF50). Und diese sollte man großzügig und mehrmals am Tag auftragen. Dagegen entspricht ein einziger Solarium-Besuch einer Schädigung der Haut, wie sie sonst durch zehn Sonnenbäder unter natürlichen Bedingungen erreicht wird.

Fake Bräune – welche nehme ich?

Auch beim Selbstbräuner scheiden sich die Geister. Die einen benutzen ihren fast schon obsessiv, während die anderen immer noch auf der Suche nach „Mr. Right“ sind. Ich gehöre zu Letzteren. Entweder mag ich die Textur nicht, weil der Bräuner pappig ist, oder er wird streifig auf der Haut oder der Geruch ist mir unsympathisch.
Zugegeben, die Zeiten als Selbstbräuner diesen typischen, extrem unangenehmen Geruch hatten, sind längst vorbei. Auch die Formulierungen sind so weit entwickelt, dass sie schnell einziehen und einen natürlichen Glow zaubern. Es gibt sie für unterschiedliche Hauttöne und Bräunungsstufen.
Eigentlich muss man nur noch das geeignete Produkt für seine Haut und seine Anforderungen finden. Deshalb erst einmal überlegen, was man damit erreichen will und wie versiert man bereits in der Anwendung von Selbstbräunungsmitteln ist. Transparente Sprüh-Formulierungen sind ideal, wenn man ein Produkt sucht, das besonders tagsüber dem Teint einen Hauch von Bräune verleiht. Wer beispielsweise am Körper genau sehen will, wo er bereits „Farbe“ aufgetragen hat, für den ist die klassische Mousse-and-Mitt-Methode die beste Option. Die schaumartige Bräunungscreme wird mit einem Applikator-Handschuh verteilt und nach der individuellen Einwirkzeit abgewaschen: Nach einer Stunde stellt sich ein leichter Glow ein, nach zwei bis drei Stunden ist die Bräunung deutlich zu sehen. Der mitgelieferte Handschuh erleichtert nicht nur das Auftragen, er verhindert auch fleckige Ergebnisse und häßliche Bräunungsflecken an den Händen.
Oscar de la Renta Modepilot 2022
Models sonnen sich bei Oscar de la Renta,
Resort Collection, Frühjahr/Sommer 2022
Einige Hersteller empfehlen die Mousse-Bräunung über Nacht. Bett- und Schlafwäsche sollen sich dabei nicht verfärben. Doch um auf Nummer sicher zu gehen oder wer stark schwitzt, dem würde ich doch ein altes Laken und schwarze Nachtwäsche empfehlen. Auch nach einer Bräunungsdusche, die ich einmal ausprobiert habe, war meine weiße Unterwäsche verfärbt. Zum Glück geht beim Waschen alles wieder heraus.
Praktisch gerade fürs Gesicht, weil man den Bräunungsgrad gut steuern kann, sind Tan Drops. Diese Tropfen werden einfach unter die Tagespflege gemischt. Noch subtiler ist der Effekt bei sogenannten Gradual Tannern fürs Gesicht oder den Körper. Sie enthalten nur einen geringen Anteil des Bräunungswirkstoffs DHA, dafür mehr Pflegestoffe. Durch regelmäßiges Auftragen lässt sich der Bräunungseffekt verstärken.

Bräunen mit Zucker

Der bräunende Wirkstoff ist übrigens in allen Produkten gleich, nämlich eine Zuckerart wie Dihydroxyaceton (kurz DHA) und Erythrulose. Sie reagiert mit den Eiweißbaustoffen der verhornten Zellen auf der Hautoberfläche und bildet braune Pigmente, die Melanoide genannt werden. Nicht zu verwechseln mit dem Melanin, das in tieferen Schichten der Haut entsteht. Die beiden sind nicht identisch. Deshalb sieht die künstlich erzeugte Bräune oft auch nicht ganz so natürlich aus wie ein echter Sommerteint.
Selbstbräuner besitzen auch keine Lichtschutzfunktion. Wer sich ohne UV-Schutz in die Sonne legt, riskiert einen Sonnenbrand. Je nachdem, wie viel DHA oder Erythrulose enthalten ist in einem Produkt, tritt der Bräunungseffekt nach ein bis sechs Stunden ein. Grundsätzlich bräunt Erythrulose langsamer, dafür dezenter und länger anhaltend als DHA.
Gewusst? Bei etwa zehn Prozent der Bevölkerung wirkt DHA überhaupt nicht und die erhoffte Bräune bleibt aus.

Ist DHA schädlich?

Dihydroxyaceton gilt als potenziell kritischer Inhaltsstoff, sobald er starker Wärmeeinwirkung ausgesetzt ist. Dann zerfällt er, und dabei entsteht Formaldehyd. Diese farblose Substanz gilt als krebserregend, wird aber auch ganz natürlich über den Stoffwechsel von Menschen und Säugetieren gebildet. Damit es zu keiner Formaldehyd-Bildung kommt, sollte man seinen Selbstbräuner nie extremer Wärme oder direkter Sonneneinstrahlung aussetzen. Schon im Badezimmerschrank kann es zu warm für ihn sein. Gut aufgehoben ist er an einem kühlen und dunklen Ort. Auch das Gemüsefach des Kühlschranks oder die Kühlschranktür eignen sich zur Lagerung. Geöffnete Brauner sollte man nach drei Monaten entsorgen, spätestens mit Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums. Ob sich Formaldehyd im Produkt gebildet hat, kann man als Verbraucher leider nicht feststellen. Deshalb: Im Zweifelsfall lieber entsorgen.

Wie lange hält die „falsche“ Bräune?

Grundvoraussetzung für eine schöne Bräune ist, dass die Haut vorher gründlich gepeelt wurde. Dann hält sie durchschnittlich sieben bis zehn Tage. Ab dem fünften Tag beginnt sie allmählich zu verblassen und sieht weniger ebenmäßig aus. Zeigen sich Flecken, ist es an der Zeit für ein erneutes Peeling, um die Farb-Reste gründlich zu entfernen und eine neue Bräunungsaktion zu starten. Aber es gibt auch ein paar Tipps, die die Bräune verlängern.
Der wichtigste Tipp: Nicht baden, sondern lieber kurz und lauwarm duschen, denn die Kombination aus hoher Temperatur und Wasser lässt die Bräune vorzeitig abblättern. Nach dem Duschen die Haut mit einem Handtuch trocken tupfen und nicht rubbeln. Anschließend eincremen nicht vergessen. Das lässt die Haut nicht nur schön genährt aussehen, sondern verhindert auch Trockenheit und damit ein Abblättern der Bräune. Aber keine ölbasierten Pflegeprodukte verwenden, weil die das Bräunungsmolekül DHA schneller abbauen. Wenn die Haut noch nicht zu fleckig ist, kann man die Bräune auch mit einer zweiten Fake Tan-Schicht aufpeppen.

Richtig auftragen

Wer in der Vorbereitung scheitert, der wird auch im Ergebnis scheitern. Wie gesagt, das beste Bräunungsprodukt hilft nichts, wenn man vorher die Haut nicht gründlich exfoliert hat. Alle toten Hornzellen müssen runter, ebenso Spuren von Parfum oder Deo, weil sie die Bräune verfärben können. Auf Knie, Ellbogen und Fußgelenke vor dem Bräuner eine dünne Schicht Feuchtigkeitscreme auftragen. Denn diese Stellen nehmen gerne zu viel von dem Färbewirkstoff auf und werden dann dunkler als der Rest.
Noch ein Tipp zum Schluss: Wer am liebsten kein DHA an seine Haut lassen möchte, kann ein Bodyoil mit Glitzerpigmenten benutzen. Diese winzigen Partikel reflektieren das Sonnenlicht und lassen die Hautoberfläche ebenmäßig erscheinen. Sie eignen sich besonders gut bei sehr trockener Haut, da sie pflegen und im Gegensatz zu Selbstbräunern keine Flecken produzieren.
Mehr von unserer Autorin Margit Rüdiger lesen Sie jeden Freitag hier auf MODEPILOT.de – Ihre bisherigen Kolumnen gibt es hier >>> und mehr auf ihrem Blog Culture & Cream (>>>) Fragen, Wünsche, Feedback? Sie erreichen unsere Kolumnistin unter beautypro[@]modepilot.de
Photo Credit: Catwalkpictures
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