Neues vom Beauty Pro: Porentief nachgefragt

Waxing for Christmas

Als ich kürzlich in Berlin Christine Margreiter, die Erfinderin der Studio-Kette „Wax in the City“ traf, erzählte sie mir, dass gerade vor Weihnachten der Andrang zum Waxing besonders groß sei in ihren 26 Filialen (zwei eigene und 24 Franchise). Wir sprechen hier von Intim-Waxing, das längst am gefragtesten ist bei den Depiladoras – So heißen die (ausschließlich) Frauen, die das Wachsen an Frau und Mann beherrschen. Warum gerade Weihnachten? Das konnte mir Christine auch nicht so genau beantworten. Meine Neugierde war geweckt.
Ich begann zu recherchieren und bin tatsächlich fündig geworden. Zwischen dem 24. August und dem 23. September werden im Sternzeichen der Jungfrau die meisten Babys geboren. Zurückgerechnet heißt das, sie wurden während der Weihnachtsfeiertage gezeugt. Dass zum „Fest der Liebe“ trotz Vorweihnachtshektik und Familienzoff unterm Baum die sexuelle Aktivität steigt, haben auch US-Forscher der Universität Bloomington in Indiana festgestellt. In der Google-Suche tauchte vor Weihnachten das Wort „Sex“ besonders häufig auf, und auf Twitter wurden besonders liebevoll formulierte Beiträge gepostet.
Christine Margreiter Modepilot
Christine Margreiter

Intim-Waxing – nicht nur Frauensache

Klar werden auch Beine, Achseln und andere Stellen, wo Haare stören, in den Studios glatt gemacht. Aber das Hauptgeschäft ist die haarfreie Intimzone. Am beliebtesten ist dabei nach wie vor der Hollywood Cut. Das heißt, dass alle Haare im Schambereich entfernt werden, also untenrum völlig nackt. Laut einer 2011 veröffentlichten Studie der amerikanischen Wissenschaftlerinnen Debby Herbenick und Vanessa Schick sind über 50 Prozent aller US-Amerikanerinnen zwischen 18 und 30 Jahren manchmal oder immer komplett schamhaarlos. In Deutschland waren es bisher hauptsächlich U-35-Personen, die die Intimzone waxen ließen.
Auch etwa 20 Prozent der Männer, man höre und staune, trauen sich an die nicht ganz schmerzfreie Prozedur heran. „Inzwischen geht Intim-Waxing durch alle Altersgruppen“, erzählt Margreiter. „Für die jüngeren Altersgruppen ist das überhaupt kein Problem mehr. Bei den älteren braucht es oft eine Annäherung.“ Sie tasten sich langsam vor. Vielleicht erst mal mit der Bikini-Strip, wo man nur die Haare am Venushügel schmaler trimmt. Doch spätestens wenn die Schamhaare grau werden, das beginnt bei Frauen schon ab 40, überlegen sich viele, auch den Rest entfernen zu lassen.

Danke, Carrie Bradshaw!

Die Haarentfernung mit Halawa, einer Zuckerpaste, reicht im Orient auf eine jahrhundertealte Tradition zurück. Das „Brazilian Waxing” ist dagegen noch jung. Seine Ursprünge liegen in den Küstenstädten Brasiliens, wo die Methode in den 1990er Jahren entstand. Doch spätestens seit der dritten Staffel von Sex and the City, in der Carrie von einer russischen Depiladora ungewollt einen kompletten Kahlschlag beim Bikiniwachsen verpasst bekam, ist Haarentfernung im Studio auch in Deutschland ein Thema.
Christine Margreiter eröffnete in Berlin-Mitte 2005 ihr erstes „Wax in the City“-Studio. Bereits der Name weckt Assoziationen! Die Österreicherin, die aus einem kleinen Dorf in Osttirol stammt, ist jedenfalls so selbstbewußt und karriereorientiert wie Carrie. Sie hat sich schon immer mit Trends beschäftigt – erst im Kultur-Management, dann im Immobilien-Architektur-Marketing. Wie sie auf Waxing kam? „Das ist ganz einfach. Ich bin dunkelhaarig. Das Thema Haarentfernung hat mich beschäftigt wie jede andere Frau. Ich habe rasiert, kannte aber aus anderen Ländern wie Frankreich, dass es durchaus bessere Methoden gibt“, sagt sie. In Deutschland hat man mit Kaltwachs aus dem Drogeriemarkt, das eigentlich nie richtig funktioniert hat, zu Hause hantiert. Die Kosmetikerin enthaarte mit Heißwachs-Roll-ons und Stoffstreifen, später Strips. An der Bikinizone hörte aber ohnehin alles auf.
Waxing Modepilot
Waxing: Autsch, mag da manch einer denken.
Und dann war da noch der sogenannte Lipstick-Faktor, den Margreiter spannend fand: „Wenn es in der Wirtschaft nicht so gut läuft, die Konjunktur nach unten geht oder stagniert, hat das interessanterweise wenig Auswirkungen auf Kosmetikausgaben, im Gegenteil. Man gönnt sich vielleicht keine zweite Reise, aber den kleinen Luxus zwischendurch. Ich habe mir immer gedacht, wenn ich eine Geschäftsidee umsetze, dann im Beauty-Bereich.“ Und die hat die Selfmade-Frau in bisher sechs Ländern (Deutschland, Österreich, Schweiz, Irland, Ungarn, Tschechien) sehr erfolgreich etabliert. In den nächsten drei bis fünf Jahren soll die Anzahl der Franchise-Partner auf stolze 100 wachsen.

Wie funktioniert Brazilian-Waxing?

Es ist eine Warmwachs-Methode. Das Wachs auf natürlicher Basis von Honig oder Baumharzen (Kolophonium) wird so lange erwärmt, bis es flüssig ist. Beim Sugaring kommt eine Paste zum Einsatz, die vorwiegend aus Zucker und Zitronensaft besteht. Die Depiladora, die die Haarentfernung vornimmt, trägt die Masse mit einer Spatel auf. Nach einigen Sekunden wird das getrocknete Wachs mit kräftigen Ruck und samt Härchen abgezogen. Schmerzfrei ist dieser Vorgang leider nicht, aber als Stammkunde gewöhnt man sich daran. Die regelmäßige Haarentfernung hat noch einen anderen Vorteil: Je öfter man es macht, desto feiner und weniger der Nachwuchs. Die Haare werden zwar mit der Haarzwiebel ausgerissen und nicht mit der Wurzel. Aber die macht irgendwann so schlapp, dass sie kein neues, starkes Haar mehr produziert. Für die meisten Waxing-Kunden gehört der Termin bei der Depiladora längst zum Lifestyle wie der Besuch beim Friseur oder Beauty-Doc.

Das sollte man wissen

Ob Hollywood Cut (alle Haare weg, inklusive Pofalte), Landing Strip (es bleibt lediglich ein schmaler, senkrechter Streifen auf dem Venushügel, der angeblich schlanker mogelt) oder Freestyle (Muster wie Herzform, Blitz, Dreieck) – Wer seinen Intimbereich immer einwandfrei glatt haben möchte, der muss je nach individuellem Haarwuchs alle vier bis sechs Wochen auf die Liege. Wichtig ist, dass die Schamhaare nicht kürzer als fünf Millimeter sind, weil sie sonst nicht an dem Wachs kleben bleiben. Zu lang sollten sie auch nicht sein, weil es der Depiladora die Arbeit erschwert und auch schmerzvoller ist. Kann man seinen gewohnten Rhythmus nicht einhalten, ist es sinnvoll, die Haare mit einem Haartrimmer auf der richtigen Länge zu halten. Der Schnitt mit der Schere ist weniger gut, sie kürzt nie auf gleiche Länge. Das wiederum verkompliziert das Waxen.
Was die Schmerzen angeht, ist das Empfinden sehr individuell. Morgens soll es angeblich geringer sein, und in der Woche vor der Menstruation gelten Frauen als schmerzempfindlicher. Sauberkeit versteht sich von selbst. Nur Vollbäder sollte man direkt vor dem Termin vermeiden, weil die Haut dann zu weich ist. In den Studios stehen Intimfeuchttücher bereit, mit denen man sich erfrischen kann, wenn man direkt aus dem Büro kommt. Vorteilhaft ist es, zum Termin keine zu enge Wäsche und Kleidung zu tragen, weil es an der gewachsten Intimzone unangenehm reiben kann. Auch auf die vier „S“ - Sonne, Solarium, Sport und Sex - sollte man nach Möglichkeit einen Tag lang verzichten. Bei verletzter, geröteter oder durch Neurodermitis irritierter Haut, kein Waxing machen lassen.

Peinlich? Nur am Anfang.

Man wird an intimen Stellen berühren, ist fast nackt. Das könnte für beide Seiten unangenehm werden. Im Waxing-Studio ist das kein Thema. Wenn überhaupt, dann sind einem nur die ersten Minuten peinlich. Die Depiladora ist ein Profi, gibt genaue, sachliche Anweisungen. „Die meisten verfügen über eine kosmetische Grundausbildung – muss aber nicht sein, wir haben auch Quereinsteiger“, so Margreiter. Die Ausbildung bei ihr dauert 14 Tage in Praxis und Theorie im hauseigenen Schulungszentrum in Berlin. Vorab hat die Bewerberin eine Schnupperstunde in einem der Studios absolviert, um die Realität zu erleben und zu sehen, ob sie sich diese Arbeit wirklich zutraut.
Die Waxing-Chefin: „Wichtig ist, dass die Depiladoras in den Kabinen gerne mit und am Menschen arbeiten, dass die keine Scheu haben. Es ist schon ein anstrengender Job, physisch wie psychisch. Man ist immer mit der Nacktheit konfrontiert, und das sehr eng und intim.“ Beim Enthaaren der verschiedenen Körperzonen muss jeder Handgriff sitzen. Bei Männern sind neben Schultern, Rücken, Oberarmen ebenfalls komplette Intim-Waxings gefragt. Das heißt dann nicht Brazilian, sondern „Manzilian Waxing“. Auch das lernt die Depiladora. Und was ist, wenn der Typ leicht erregbar reagiert? „Es kann passieren, damit können wir umgehen. Kommt immer darauf an, ob eine Absicht dahintersteckt“, erklärt Margreiter. „Die Erektion allein ist noch nicht das Thema, aber wenn jemand ejakuliert, dann hören bei uns die Depiladoras sofort auf. Wir bieten schließlich Waxing an und nicht ‚happy ending‘.“

Come in, find out

Man hört von Folliculitis, Staphylokokken-Infektionen, Entzündungen durch eingewachsene Haare. Meist liegt es an mangelnder Hygiene im Waxing-Studio. Doch woran erkennt man ein gutes Studio? „Sauberkeit, Methode und Wachs sind wichtig. Am Ende zählt, welches Ergebnis man hat. Sind die Haare eher abgerissen als herausgerissen. Hat man irgendwelche Rötungen“, zählt Christine Margreiter auf. Die Mitarbeiter sollten fundiert ausgebildet sein. Auf die Liegen gehört für jeden Kunden ein frisches Papier, das nicht beim Hinsetzen gleich durchreißt. Wichtig sind auch die Arbeitsutensilien und die Vorbehandlung der Haut. Hamameliswasser auf der Enthaarungszone wirkt leicht desinfizierend. Pro Kunde und Körperregion eine neue Einwegspatel, versteht sich. Das Wachs in einem guten Studio kommt aus einem geschlossenem System und wird jeweils frisch aus dem Automaten in ein kleines Cup abgefüllt.
Wenn Sie jetzt Lust auf Glatt bekommen haben, rechtzeitig von Weihnachten noch einen Termin sichern. Selbst bei Walk-in-Studios muss man nicht mehr vor der Türe Schlange stehen, sondern kann sich bequem online einchecken. Merry X-mas!
Photo Credit: Alex Straulino und Tony Haupt für Wax in the City
Modepilot ist Deutschlands erster Modeblog. Mit seiner Gründung in 2007 war und ist er Vorreiter der unabhängigen Mode-Berichterstattung. Noch heute wird die Seite leidenschaftlich von Mitgründerin Kathrin Bierling geführt. Sie ist eine ausgebildete und erfahrene Journalistin, die zunächst bei der Financial Times lernte und arbeitete und dann einige Jahre bei der WirtschaftsWoche beschäftigt war, bevor sie die Seiten Harpersbazaar.de, Elle.de und InStyle.de verantwortete. An Modepilot liebt sie, dass sie die Seite immer wieder neu erfinden muss, um am Puls der Zeit zu bleiben. Worin sie und ihre Autoren sich stets treu bleiben: Den Leser ernst nehmen, nicht sich selbst.

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