Hyères 2018: Die Gewinner & Insider Report

Im südfranzösischen Hyères wurde am vergangenen Wochenende wieder der spannendste Mode-Nachwuchpreis vergeben. Hier, in der Provence, zeigen nur die besten Absolventen der renommiertesten Modeschulen. Wer hier seine Kollektion einer hoch karätigen Jury präsentieren darf (dieses Jahr u.a. Haider Ackermann und Tilda Swinton), ist ein Ausnahmetalent – Jemand, der Kreation, Konzeption und Umsetzung gleichermaßen beherrscht.

Die Jury

 
Aus dem 1986 gegründeten Festival gingen schon Designergrößen wie Viktor & Rolf oder Anthony Vaccarello (heute Chefdesigner von Yves Saint Laurent) hervor.
Wer hier gewinnt, zeigt eine Mode, die wir uns genauer ansehen sollten, und trägt einen Namen, den wir uns lieber schon mal merken.
Neben Modekollektionen werden bei diesem jährlich stattfindenden Festival auch Photographie und Accessoires gekürt. Die Münchner Schmuckdesignerin Saskia Diez gehört bereits zum Inner Circle und besucht das Festival regelmäßig, seitdem sie 2011 selbst in der Jury saß. Mittlerweile tragen Organisatoren des Festivals Verlobungs- oder Eheringe von ihr.
Saskia Diez Tilda Swinton Hyeres 2018 Modepilot
Die Münchner Schmuckdesignerin Saskia Diez mit der schottischen Schauspielerin Matilda „Tilda” Swinton beim Hyères Festival
Neulich kam eine Mitarbeiterin von Diez in ihrem Münchner Atelier zu ihr: „Du, wir haben eine Riesenbestellung von einer Matilda Swinton in die Highlands nach Schottland. Ist das Tilda Swinton?” Diez dachte, dass Swinton vielleicht lauter Geschenke orderte. Aber beim Festival verriet ihr jetzt Swintons Partner, der deutsche Künstler Sandro Kopp: „In unserem Badezimmer stehen lauter runde Schachteln von Dir herum.”

Entspannte Atmosphäre und traumhafte Villen

Das Schönste an dem Festival ist, findet Diez, dass alles so entspannt ist. Die wichtigsten Entscheider der Pariser Modeszene kommen, aber anders als in Paris, bringt jeder Zeit und Muße mit. Auf den Schotterwegen und Rasenflächen tragen auch die Damen flaches Schuhwerk – das ist ungewöhnlich für eine Modeveranstaltung, die auch von den Carine Roitfelds dieser Welt besucht wird.
Egal, ob LVMH-Funktionär oder Nachwuchskünstler: Wer das fast fünftägige Festival an der Côte d'Azur besucht, übernachtet sehr wahrscheinlich in einem kleinen, einfachen Hotel. Fünf bis 14 Zimmer haben die Hotels in der Umgebung. Im Hotel La Reine Jane, wo die Jury untergebracht wurde, sind die einzelnen Zimmer mittlerweile von verschiedenen Designern gestaltet worden, berichtet Diez.
Villa Romaine Modepilot Hyeres 2018
Den Ort liebte schon Christian Dior: Privatvilla Romaine
Gegessen wird außerhalb des Festivals. Gäste werden in umliegende Villen zu einem Lunch im Garten eingeladen. Dann läuft man zunächst lange Toreinfahrten entlang, die von riesigen Kakteen und Palmen gesäumt sind, bis man atemberaubende Grundstücke kennenlernt. Die Villa Romaine von 1880 ist zum Beispiel so ein herrlicher Ort. Modeschöpfer Christian Dior wählte ihn seinerzeit für seine Sommerfrische.

Gewinner der 33. Festivals in Hyères, 2018

Gewinner des Grand Prix de Jury Première Vision ist der niederländische Herrenmoden-Designer Rushemy Botter, der in Antwerpen studierte. Er stammt aus Caracas und verarbeitet in seiner Kollektion, was er von Küstenstädten kennt: Strandgut aus Fischernetzen, Plastiktüten und Touristen-Souvenirs. Sein Look: Strandverkäufer mit einer Botschaft. Auf manchen Köpfen seiner Models stapeln sich Hüte, auf einem anderen ist ein böse schauender Delphin befestigt. Wir müssen etwas gegen das viele Plastik im Meer tun.
 
Botter darf nun die Handwerkskunst-Ateliers des französischen Couture-Hauses Chanel für seine nächste Kollektion in Anspruch nehmen. Dazu zählt zum Beispiel die Maison Lesage mit ihrer wundervollen Stickereiarbeit oder auch die Maison Massaro mit ihrem Schuhmacherhandwerk.
Festival-Partner, die Pariser Stoffmesse Première Vision, hilft zudem allen zehn Finalistin bei der Materialbeschaffung. Gerade für Newcomer ist es oft schwierig, an gute Stoffe zu kommen. Da sie mit ihren (noch) kleinen Stückzahlen die Mindestabnahmemengen nicht erreichen.
Für den Chloé-Preis wurden vor allem Kollektionen gezeigt, die einen Spagat zwischen „interessante Idee” und „kann man tragen” schaffen. Gewonnen hat Marie-Ève Lecavalier, deren Kollektion eine perfekt gestaltete Visitenkarte ist, um sich auf einen Designerposten bei Chloé zu bewerben.

Kollektion von Marie-Ève Lecavalier

 
Für eine Kollektion, die für die Größen 34 bis 50 konzipiert wurde, bekam Ester Manas den Galeries Lafayette-Preis (Bilder unten in der Galerie.)
Die Belgierin und Absolventin aus Amsterdam Sarah Bruylant erhielt den Publikumspreis der Stadt Hyères. Ihre Kollektion trägt den Namen „Meet Me In Another World” und ist geprägt von einer klaren, voluminösen Formensprache, aber auch von Handmalerei.
Hörgerät stylish Modepilot schön schick Hyeres Swarovski
Gewinner des Accessoires-Preises ist ein schickes Hörgerät
Der Swarovski-Preis für Accessoires ging an Kate Fichard, Flora Fixy and Julia Dessirier. Die drei Französinnen haben sich dem Design von Hörgeräten gewidmet. Man müsse sie doch nicht verstecken, finden diese. Lieber zum Modeaccessoire machen.
Eva O’Leary bekam den Photographie-Preis für eine Arbeit, die 11- bis 14-jährige Mädchen und ihre Schönheitsrituale portraitiert. Die Auszeichnung beinhaltet ein Preisgeld von 15.000 Euro, das Hauptsponsor Chanel stiftet. Den Vorsitz der Photografie-Jury hatte keine geringere als Fotografien Bettina Rheims inne.
 
Photo Credit: Catwalkpictures, Saskia Diez, Jean Picon, Paul Rousteau
Modepilot ist Deutschlands erster Modeblog. Mit seiner Gründung in 2007 war und ist er Vorreiter der unabhängigen Mode-Berichterstattung. Noch heute wird die Seite leidenschaftlich von Mitgründerin Kathrin Bierling geführt. Sie ist eine ausgebildete und erfahrene Journalistin, die zunächst bei der Financial Times lernte und arbeitete und dann einige Jahre bei der WirtschaftsWoche beschäftigt war, bevor sie die Seiten Harpersbazaar.de, Elle.de und InStyle.de verantwortete. An Modepilot liebt sie, dass sie die Seite immer wieder neu erfinden muss, um am Puls der Zeit zu bleiben. Worin sie und ihre Autoren sich stets treu bleiben: Den Leser ernst nehmen, nicht sich selbst.

Ähnliche Beiträge

Kommentare

  • Efz sagt:

    Danke für einen schönen u interessanten Bericht, echt speziell u besonders!?