Supreme x Louis Vuitton: Was ein Fan wirklich denkt

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Als Kim Jones, verantwortlich für die Herrenkollektion bei Louis Vuitton, während der Männermodewoche in Paris am 19. Januar die Teile der Kapsel-Kollektion von Supreme x LV präsentierte, lief Instagram heiß, bei so ungleichen Partnern: Eines der luxuriösesten Modehäuser der Welt macht gemeinsame Sache mit dem vielleicht hippsten Streetwear-Label der Welt, das 1994 als Skater-Marke gegründet wurde und dessen Store auf der New Yorker Lafayette Street eine Art Tempel der Skate- und Streetswear-Szene wurde. Und außerdem hatte man sich im Jahr 2000 doch noch juristisch bekämpft: Supreme hatte ein Skateboard-Deck mit dem ikonischen LV-Monogramm lanciert. Und erhielt eine Unterlassungsanordnung von Louis Vuitton. Kurzum: Es war eine Überraschung. Aus diesem Anlass und in Anspielung auf die Rechtsstreitigkeiten veröffentlichte die ehrwürdige New York Times einen Artikel mit dem Titel „Maybe Louis Vuitton Should Have Stayed Enemies With Supreme“. Der erste Satz des Artikels lautet: „Nothing is more lethal to cred than a sellout." Zu Deutsch: „Nichts ist für die Glaubwürdigkeit tödlicher als ein sell-out.“ Damit war auch schon klar, was das Fazit des Autors sein würde. Ich fasse kurz zusammen: Einige Leute werden die Accessoires cool finden, aber kaum die Supreme Hardcorefans. Also jene, die mit ihrer bedingungslosen Begeisterung die Glaubwürdigkeit der Marke am Leben erhalten. „Ist das so?“, fragte ich mich. Als dann noch bekannt wurde, dass Supreme mit Lacoste kooperiert, dachte ich auch: „Jetzt übertreiben sie es aber!“, und suchte die Antworten bei so einem Hardcore-Fan.

Louis Vuitton Herbst/Winter 2017/18

 
Unser Insider ist Mitte dreißig, liebt die Hip-Hop-Kultur, lebt in München und hat schon so einige Umweg in Kauf genommen, um ein Supreme-Teil zu ergattern: zum Beispiel trotz Direktverbindung eine Zwischenlandung in New York. Nur, um in den Store zu gehen. 
Warum findest du Supreme so toll?
Erziehung würde ich sagen. Die richtig coolen Jungs hatten immer Supreme, seit ich mich für Streetwear interessiere. Damals gab es Supreme ausschließlich im Laden und den gab es nur in New York und Los Angeles. Das hatte immer so ein „Ich war in den USA“-Feeling.
Glaubst du die LV-Kooperation lässt Supreme unglaubwürdig wirken?
Überhaupt nicht. Supreme macht mit jedem und dessen Mutter Kooperationen. Sie haben Stücke mit Bands wie Black Sabbath, Marken wie Timberland und sogar mit der amerikanischen Burgerkette „White Castle“ rausgebracht. Daraufhin hat Morrissey (Anm.d.Red. britischer Sänger, bis 1987 z.B. der Kultband "The Smiths") übrigens die Supreme-Kollektion mit ihm verboten, weil er überzeugter Veganer ist. 
Supreme hype fan Louis Vuitton absurde Produkte
Supreme kann alles. Und macht es auch: 4 Gläser mit Supreme-Logo, um 42 Euro.
Das heißt Kooperationen sind Kern der DNA?
Absolut. Es gibt von Supreme so absurde Produkte wie Brecheisen oder eine Axt. Ich habe zum Beispiel eine Luftpumpe und jage nach einem Aschenbecher. Es hätte mich zu keiner Zeit gewundert, wenn Supreme mit Donald Trump kooperiert hätte. Und Supreme selbst hat auch im Prinzip keine Markenidentität. Selbst das rot-weiße Box-Logo ist ein Rip-off und außerdem meist kaum sichtbar an den Produkten.
Aber diese Zusammenarbeiten haben ja immer einen ironischen Dreh. Das sind alles keine Luxusmarken. Glaubst du nicht, die Hype-Kids, die Supreme so begehrt gemacht haben, fühlen sich verraten?
Diese Streetwear-Kids feiern Louis Vuitton genauso wie Supreme! Auch alle Rapper tragen die Sneaker. Kanye West hatte lange vor seinen Kooperationen mit Adidas und Nike seinen eigenen Louis Vuitton Sneaker. Beide Marken stehen für etwas, das man nur sehr schwer kriegen kann. Sie stehen symbolisch dafür, es „geschafft zu haben“. Man kann sich z.B. nicht einfach einen Pullover kaufen: Man steht Tage vorher an und campt vor dem Laden, um dann einen von 15 grauen Pullovern mit Supreme-Logo zu ergattern, die auch von "Fruit oft he Loom" sein könnten. Alles ist immer nach Sekunden ausverkauft. Es gibt sogar einen Markt für Supreme-Bots bei Ebay. Wenn ein neues Release kommt, klickt der sich automatisch für dich durch und kauft irgendwas, das eben gerade neu ist. Meiner Meinung nach wächst da zusammen, was zusammen gehört.
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James Jebbia und Kim Jones haben dem Vernehmen nach rund ein Jahr gemeinsam an der Kollektion gerabeitet. Die „Louis Vuitton x Supreme"-Kollektion umfasst Ready-to-Wear, Accessoires wie Taschen oder Schlüsselanhänger und Schmuck und wird  ab Juli 2017 in ausgewählten Louis-Vuitton-Boutiquen und Pop-up-Stores erhältlich sein. Es kursierten bereits Preislisten, die von Louis Vuitton aber nicht bestätigt wurden. Offizielle Retail-Preise gibt es noch nicht.
Photo Credit: Louis Vuitton, Supreme
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