Neues vom Beauty Pro: Porentief nachgefragt

Lässt uns das „Blue Light” der Smartphones schneller alt aussehen?

Hier ein Selfie, da ein Netflix-Film auf dem Tablet, Shoppen im Internet. Von den Arbeitsstunden am Computer ganz zu schweigen. Einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY zufolge nutzen Deutsche im Alter von 21 bis 30 Jahren 6,9 Stunden pro Tag Internet-Funktionen. Dazu zählen nicht nur das Surfen, sondern beispielsweise auch Apps und Spiele. Zum Handy greifen wir angeblich 150 mal am Tag.

Vorsicht, Screen Face!

All diese Geräte senden, wie auch Neonröhren und moderne LEDs, blaues Licht aus. Es kann die Augen schädigen und den Schlaf-Wach-Rhythmus durcheinanderbringen. Das ist hinreichend bekannt. Doch die weiteren Auswirkungen von Blue Light wurden erst in letzter Zeit wissenschaftlich näher beleuchtet. Neu ist der Aspekt, dass das blaue Licht uns vorzeitig altern lässt. Experten sprechen bereits von Indoor-Smogund vom Screen Face“. Blue Light, es wird als HEV-Licht (High Energy Visible Light) bezeichnet, gab es schon immer. Es ist das sichtbare Licht, das den Himmel so schön blau färbt. Im Wellenspektrum liegt es direkt neben dem UV-Bereich, kommt also auch im ganz normalen Tageslicht vor. Sein Anteil am Sonnenlichtspektrum beträgt nahezu die Hälfte. Den Rest teilen sich die unsichtbaren UV-Strahlen (weniger als 10 Prozent) sowie das Infrarotlicht. Doch HEV-Licht ist nicht nur böse. In kleinen Dosen kann es ebenso wie Sonnenlicht Gutes tun. In der Dermatologie wird es seit Jahren gezielt zur Behandlung von Akne und Neurodermitis eingesetzt. Studien belegen, dass auch die Psyche davon profitiert, z. B. bei Winterdepressionen.
Blue Light Modepilot Beauty Kolumne Expertenmeinung
Blue Light – 30 Zentimeter Abstand sind empfohlen

Intensiver als UV-A-Licht

Blue Light dringt bis tief in die unteren Hautschichten ein“, erklärt der Schweizer Dermatologe Dr. Felix Bertram. „Wir gehen davon aus, dass das energiereiche blaue Licht oxidativen Stress in der Haut verursacht, ähnlich wie UV-A-Strahlung.“ Tatsächlich dringt die blaue Strahlung noch tiefer in die Haut ein als UV A. Dabei bildet sie große Mengen freier Radikale, die die Zerstörung von wichtigen Bindegewebsfasern wie Kollagen und Elastin verursachen. Das wiederum lässt frühzeitig Fältchen entstehen, die Haut verliert besonders im Kinn- und Wangenbereich an Elastizität. Zudem wird die natürliche Barriereschicht der Haut schwächer und damit anfälliger für äußere Einflüsse. Das zeigt sich beispielsweise in Irritationen und Rötungen. Zusätzlich wird HEV mit Hyperpigmentierung, also braunen Flecken, in Verbindung gebracht.

Anti Blue Light-Konzepte

Bis zu einem gewissen Grad weiß die Haut sich selbst zu schützen. Aber mit übermäßigen Mengen an Blue Light ist sie überfordert. Deshalb forscht die Industrie an „Blaulichtfiltern“ für Kosmetikprodukte, die das HEV-Licht abwehren sollen. Dazu gibt es mehrere Konzepte: Der amerikanische Pharmakonzern Lipo Chemicals hat mit Liposhield®HEV Melanin einen Inhaltsstoff entwickelt, der wie ein „Schutzschirm“ für die Haut wirkt. Dieser ist in Deutschland aber noch nicht erhältlich. Bei uns gebräuchliche Tyrosinase-Hemmer gegen die Pigmentbildung sind Kojisäure, Arbutin und Butylresorcinol. Als weitaus potenter hat sich allerdings der innovative Wirkungstoff Thiamidol erwiesen.

Körpereigenes Reperatur-Protein stimulieren

Ein anderer Ansatz ist die Stimulation der Opsine. Das sind körpereigene Schutzsysteme, die auf bestimmte Wellenlängen reagieren. Bislang wußte man sie nur in den Zellen der Augennetzhaut. Wissenschaftler haben jetzt entdeckt, dass diese Opsine ebenfalls in der obersten Hautschicht und in Horn und Pigmentzellen sitzen. Das bedeutet, unsere Haut kann Licht „erkennen“. Wenn also blaues Licht aus dem Smartphone auf die Haut trifft, machen die Opsine mobil und stimulieren die Ausschüttung eines bestimmten Reparatur-Proteins. Dauert die HEV-Bestrahlung zu lange, werden weniger schützende Opsine gebildet. Die Folge: mehr freie Radikale. Dieser oxidative Stress schädigt unsere Hautzellen und beschleunigt den Alterungsprozess.

Argan und Chilli helfen

Auch Lichtabsorber und lichtreflektierende Pigmente wie Eisenoxide sollen ähnlich wie in einer Sonnenschutzcreme wirken. Manche Sonnenschutzprodukte enthalten bereits Substanzen wie Licochalcon A und Glycyrrhetinsäure, die das negative Potential des HEV-Lichts reduzieren können. Die meisten Pflegeprodukte gegen Blue Light-Attacken setzen auf Antioxidantien als Kollagen- und Oxidationsschutz. Ganz vorne Flavonoide aus Blätterextrakten vom Kerzenstrauch, aus dem Arganbaum und aus Chilli.

Die Dosis macht das Gift

Das sagt schon Paracelsus. Und das trifft auch beim Blue Light zu. Aus gesundheitlichen Gründen sollten wir unsere Zeit, die wird vor Smartphone-Displays oder Monitoren verbringen, einschränken. Das ist richtig und sinnvoll. Schon allein, wenn man bedenkt, dass die blauen Strahlen direkt in die Retina des Auges eindringen. Doch verrückt machen muss man sich nicht in puncto 'digital aging', wie eine neuere Untersuchungen aus der Beiersdorf Forschung zeigt: Die HEV-Licht-Intensität von 172 Stunden vor einem Monitor (30 cm Abstand) ist mit einer Minute in der Sonne im Sommer in Hamburg vergleichbar.

Anti Blue Light-Creme für Hardcore-Digitale

Eine weitere Messung ergab, dass die HEV-Licht-Intensität direkt am Bildschirm (2 cm Abstand) um das 17-fache steigt im Vergleich zu einer Distanz von 30 cm. Zehn Stunden mit einem so geringen Abstand entsprächen einer Minute Sonnenbestrahlung. Trotzdem sollte man es nicht übertreiben mit seinen digitalen Aktivitäten. Denn schließlich sind das nicht die einzigen Blaulicht-Angriffe, die unsere Haut verkraften muss. Denkt man nur an das normale Tageslicht, das auch bei bedecktem Himmel auf uns strahlt. Deshalb muss jeder selbst seinen Lebensstil überprüfen und entscheiden, was er seiner Haut täglich zumutet. Wer sie zu vielen oxidativen Stress-Situationen aussetzt, könnte von einer Anti-Blaulicht-Creme profitieren – zumindest an den persönlichen High Peak-Tagen.
Photo Credit: Catwalkpictures
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Kommentare

  • vivien_noir sagt:

    Und ich dachte bislang, dieses Anti-Blue-Light-Aufschriften seien bloß ein Werbegag. Danke für die kompetente Aufklärung!
    • margit ruediger sagt:

      Hallo Vivien, vielen lieben Dank für Dein Feedback. Freut uns sehr, dass Dir der Artikel gefallen hat.