Blogger-Sein: Ist das eigentlich noch cool?
Die Diskussion, dass Blogger nun von der New York Fashionweek ausgeschlossen werden und unerwünscht sind, etcetera, ist nicht neu und unter uns: Ich habe ihr nicht wirklich Bedeutung zugemessen. Nun müsste man die deutschen Blogger mal fragen, wie es denn so war in New York und ob sie was von dem angeblichen Ausschluss gemerkt haben. Doch ich komme gerade von eineinhalb Tagen London Fashionweek und bin tatsächlich vorsichtiger geworden, mich selbst Blogger zu nennen. Das wird dort nämlich fast schon als Schimpfwort ausgelegt.
Über der Anmeldung für die Haute Couture und auch die Pariser Prêt-à-Porter-Schauen habe ich das Ganze vergessen und bin einfach ohne Akkreditierung nach London gefahren. Und: Dort fand ich Blogger überall.
Na, dann hat also dieses Akreditierungsdrama keine Blogger abgehalten, zu kommen. Wie man bei meinem Rundlauf um das offizielle Catwalk-Zelt im Summerset House sieht, tummelt sich da einiges. Und geknipst wird noch immer auf Teufel kommt raus:
Doch etwas später wurde ich dann doch noch eines Besseren belehrt. Ich wollte in den Showroom, wo Schmuck und Schuhdesigner sich präsentieren, und kam nicht rein, weil ich nicht angemeldet war. Also ich zum Presseschalter, Presseausweis rausgeholt, Formular ausgefüllt. Die Dame sagte dann zu mir: "Blogger dürfen sich nicht mehr anmelden, das mit dem Blog streichen wir mal lieber. Wo ist Ihr Empfehlungsschreiben einer Redaktion, für die sie schreiben?" Ich: "Wie bitte?" Sie: "Ja, ohne dass können Sie ja nicht beweisen, dass sie Journalist sind." Ich: "Und was ist bitte mit dem Presseausweis?" Sie: "Ja, aber ich will das Empfehlungsschreiben!" Ich: "Hab ich nicht, brauche ich auch nicht. Wissen, wie schwer es ist, an einen Presseausweis zu kommen?" Sie: "Was mache ich jetzt?" Ich: "Keine Ahnung." Das Ende vom Lied: In Frankreich lernt man, irgendwann ein genervtes Gesicht zu machen. Das hat dann wohl gewirkt, ich bekam meine Anmeldung. Und die Dame seufzte vor sich hin, als ob sie nun ihre Mutter, ihren Lieblingshund und ihre Schwester gleichzeitig auf dem Bazar verkauft hätte. Mädel, take it easy!
Aber ok, sie macht nur ihren Job. Wie sieht es denn nun wirklich, also offiziell aus mit der Anmeldung? Online fand ich das hier:
"To register on-site you must bring a business card and ONE of the relevant supporting documents to support your application:
This season, there will be no onsite registration for bloggers. For more information on the changes to blogger registration, click here.
Es gibt sogar eine richtige Blogger Strategy des British Fashion Councils (BFC). Hier unter dem Link mit allen Details. Bekommen hat Modepilot allerdings diese BFC-Weihen nicht. Ist nicht so schlimm, in Frankreich haben wir sie. Nach dreimonatiger Prüfung durch das Chambre Syndicale de la mode, bekam ich schon vor zwei Saisons die freudige Nachricht, dass wir in edlen Kreis in Paris aufgenommen wurden. In Frankreich ist das so: Es wird knallhart geprüft, aber einmal drinnen, immer drinnen. In London wollen sie angeblich jede Saison aufs Neue prüfen. Viel Spaß dann auch!
Aber mal ganz grundsätzlich: Manchmal komme ich mir auch komisch vor, mich Blogger zu nennen. Warum? Weil ich so ein altgedienter Printjournalist bin? Weil ich zu alt bin im Vergleich mit anderen Bloggern? Weil Bloggen heute meist gleich gesetzt wird Selbstposing für Outfit-Blogs? Hm.
Angesichts dieser Erlebnisse in London frage ich mich: Hat sich das Genre selbst überlebt? Ist das Bloggen noch "in" oder sinkt der Stern? Ist es noch cool, Blogger zu sein oder eher peinlich? Haben die Blogger es selbst verschuldet, weil übertrieben? Fragen über Fragen und die Endfrage: Wie nenne ich mich denn jetzt?
Nächstes Mal könnte ich es wie diese Dame hier machen. Nein, keine Angst, ich klebe mir nicht solche falschen Wimpern an, sondern ich nenne mich Webmagazin. Das kommt besser an. Könnte ich mir vorstellen.
Ihr Magazin Gracia Opulanza ist im Endeffekt zwar auch nur ein Blog, aber ihr Auftritt auf der Fashionweek war filmreif und bestens organisiert. Ich schieße ja keine bunten Vögel mehr, weil ich diese Pfauen-Stylings für démodé halte, aber ich drückte kurz auf die Kamera (nach sechs Jahren als Blogger kann ich wahrscheinlich gar nicht mehr anders) und in der Sekunde eilte eine Frau zu mir, drückte mir eine Businesscard in die Hand und sagte zu mir: "She is a famous fashion journalist!" Tja, so famous dann wohl doch nicht, weil sie in dem Artikel über die Fashionweek sich bitter beschwert, keine Akkrediierung bekommen zu haben.
Mist, dann funktioniert diese Idee mit dem Webmagazin wohl auch nicht. Was also tun? Susanna Lau ist akkreditiert, aber ok, das ist dann das Gleiche wie wenn wir in Frankreich oder in Deutschland akkreditiert sind, weil die uns kennen. Lau nennt sich "Writer". Auch eine Idee, das würde auch passen auf mich. Ich mache ja auch sonst nichts anderes.
Ja, je länger ich darüber nachdenke, ist das die Lösung. Adé Blogger-Dasein, ich bin nun "a writer". Ist auch irgendwie cooler, oder? ;-) Was meint Ihr?
Fotos: Barbara Markert

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Kommentare
@Kathrin und somit auch @Barbara:
Ja genau, weil man Euch zunächst als Journalisten kannte, die dann einen Modeblog launchten.
@Jérôme, das löst das Problem nicht. Leute, die mich kennen, sehen mich gar nicht als Blogger.
Es geht doch darum, wie die Außenwirkung der Bezeichnung Blogger sich geändert hat, mal ganz abgesehen von der Person, die dahinter steht. Also allgemein gesehen. In London kann mich keine Socke kennen und dann ist die Frage, mit welchem Jobtitel man am weitesten kommt. Und die Frage stellt sich nun für alle Blogger.
Da meine Seite eh zu winzig ist, habe ich noch nie versucht irgendwo eine Akkreditierung zu bekommen.
Insgesamt habe ich schon seit etwa 1,5 Jahren das Gefühl, dass das Wort "Blogger" mittlerweile so eine Art "dirty word" ist. Ich denke, der große Hype ist vorbei.
Ich denke auch,
dass das Bloggen nicht out ist.
LG FancyBeast