Ich war drin
Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich das Euch (und mir) noch schuldig bin - einmal in den Surfer-Sündenpfuhl Hollister im Frankfurter Einkaufscenter MyZeil rein. Ich muss allerdings zugeben, dass ich mich nicht angestellt habe. Ein bisschen Stolz habe ich mir dann doch noch bewahrt. Nein, es war am Samstagabend, 20.40 Uhr (in Frankfurt haben die Läden auf der Zeil bis 21 Uhr geöffnet), die Schlange vorm Laden hatte sich aufgelöst und eine Freundin (NICHT die Dany, die kauft gerade New York leer) und ich gingen an Hollister vorbei, schauten uns an und dachten wohl beide "Jetzt oder nie!". Der Nachteil um die Uhrzeit: Die halbnackten Beach Boys haben schon Feierabend.
Drinnen war es dennoch ziemlich voll. Und jeder wollte etwas kaufen. Die besagte Freundin inklusive (wir sind beide näher an der 40 als an sonst irgendwas, aber sie findet trotzdem, dass ihr Lebenspartner sich in einem Hollister Hoodie gut macht).
Und bevor ich das Ambiente beschreibe: Ich möchte die Hollister-Ware in Schutz nehmen. Ja, es sind nur olle T-Shirts, mal mit mehr, mal weniger Aufdruck, aber die superweiche Jersey-Qualität kann was (auch nach dem Waschen, sagt die Freundin), und dafür sind dann knapp 20 Euro auch nicht zu viel (kostet es bei American Apparel auch, und da regt sich ja auch keiner drüber auf). Und überhaupt: kein Mensch geht wegen der Klamotten zu Hollister. Nein, es ist am Ende nur dieses völlig verquere Ladenkonzept.
Und das ist es auch, was ich so faszinierend an Hollister und Abercrombie finde - die stören sich mal überhaupt nicht an den vermeintlichen Regeln, nach denen ein Laden gestaltet werden sollte. Diese Regeln besagen nämlich:
1. Leuchte den Laden und die Ware gut aus.
Bei Hollister stolpere ich aufgrund der 5 Watt Birnen (und meiner Kurzsichtigkeit) fast permanent in die Blumenrabatten. Stört mich aber nicht, sondern hebt den Adrenalinspiegel.
2. Schaffe übersichtliche Einkaufs-Pfade.
Bei Hollister latscht man durch verschieden Räume, zum Teil versperren Tische oder Pflanzen den Weg. Wir haben uns aufgrund der Unübersichtlichkeit circa 17mal verlaufen und sind zum Schluss anstatt am Ausgang in der Deko gelandet. Hebt den Adrenalinspiegel.
3. Schaffe klare Sortimente und eine übersichtliche Warenpräsentation.
Och, wie langweilig. Lieber wie bei Hollister Massen an Klamotten, und gerne bei den Herren auch Damenpuppen und umgekehrt - das verwirrt so schön. Ihr wisst schon, Adrenalin...
4. Schaffe ein angenehmes Einkaufsumfeld. Der Kunde soll sich wohl, und nicht belästigt fühlen.
Das ist natürlich relativ. Aber ich würde davon ausgehen, dass sich jeder normale Mensch von mehr als 130 Dezibel Musiklautstärkepegel mit Beats belästigt fühlt. Nur bei Hollister nicht. Da findet man es toll. Ebensolches gilt für die Geruchsentwicklung. Da ja nun regelmäßig ein Verkaufsgehilfe seinen Einzugsbereich mit Hollister-Duft einnebelt, riecht es so wie bei Douglas ohne Dunstabzug - penetrant. Stört aber irgendwie auch nicht. Sondern hebt den Stress-/Adrenalinpegel.
5. Stelle kompetentes Verkaufspersonal zur Verfügung.
Dazu muss ich sagen: Das haben die anderen Läden auch nicht, aber bei Hollister sehen die unfähigen wenigstens noch spitze aus. Da macht es auch nichts, dass man ewig an der Kasse anstehen muss, weil die Model-Jünglinge das mit dem Eintippen nicht so gut hinbekommen (kann aber auch an der Dunkelheit liegen, da würde ich auch nichts erkennen) - denn dabei kann man in aller Ruhe die Hübschen anglotzen - und wenn das nichts fürs Adrenalin ist, weiß ich auch nicht.
6. Bewerbe im Schaufenster die wichtigsten Teile des Sortiments.
Quatsch, das braucht kein Mensch, statt dessen stellt Hollister ja auch die knackigen Surf-Hasen vors Tor - mit denen kann man sich sogar fotografieren lassen. Ebenfalls eine gute Hormonkurbel.
So, es ist nun nicht so, dass ich da bald wieder hinmüsste, aber ich finde: man muss es mal mitgemacht haben. Was einem nicht erspart bleibt: Hinterher sofort in die Tüte gucken, denn dann erkennt man zum ersten Mal, welche Farben, Formen und Größen man da eigentlich geshoppt hat. Und spätestens dann erreicht das Adrenalin den Siedepunkt.
Fotos: Mainlandoffice/Modepilot

Newsletter
Photo Credit:
Kommentare
das tönt irgendwie mehr nach siedendem Testosteron.
Kompliment an die besagte Freundin. Mit gegen 40 einen Freund unter 18. nicht schlecht!
Bei der guten jersey-Qualität stimme ich voll aber eben...
Furchtbar.
Aber ich kann euch verstehen....
Sibel