Servicepilot: Überlebenstraining Wüste. Kofferlos.
Unsere Stammleserin Corinna beglückt uns heute mit einer kleinen Reportage:
Oh du lieber Servicepilot, in dem sich unser geschätztes Cockpit inklusive Jérôme den Extremen des Alltags stellt. Paris kleistert sich regelmäßig irgendwelche Beautyneuheiten ins Gesicht und nimmt jede Hautirritation in Kauf. Milan versucht immer und immer wieder erfolglos irgendwelche Therapien, um ihre Shoppingsucht zu bekämpfen und Grill-Tester Jérôme hat, denke ich, erst mal genug vom Testen. (Hat sich deine Haut eigentlich komplett abgelöst??). Aber ich sage Euch, das ist nichts im Vergleich zu dem, was ich (ich gebe zu, nicht ganz freiwillig) für euch ausprobiert habe. Für die Überwindung dieses Traumas brauche ich mindestens noch 20xKlicken auf einen Warenkorb oder 10xKlingeln des DHL-Menschen. (Am besten alles zusammen.)
Das Ganze trug sich wie folgt zu:
Ich wurde verschleppt. Wie die meisten von Euch kann auch ich nicht den ganzen Tag mit Shoppen zubringen, sondern muss bedauerlicherweise meine Zeit mit einer Tätigkeit zubringen, die mir das oben genannte Hobby ermöglicht. Im Zuge dieser Zeitverschwendung fiel meinem Chef ein: Wir fahren mal 18 Tage nach Argentinien. AHA. Wer jetzt denkt: Die hat's gut, Argentinien, Buenos Aires mit tollen Geschäften, NENE, nix Buenos Aires: Südpatagonien!!!
Bereits im Vorfeld hatte ich den ersten Nervenzusammenbruch (AAAAAAAAAHHH! Was soll ich in die Wüste alles mitnehmen), um mich dann am Ende mit diversem Übergepäck auf HAJ-CDG-EZE-BRC zu begeben. Nach 20h Anreise, Rückenschmerzen, Übelkeit aufgrund von Reisegold mit Rotwein usw. stand ich am Gepäckband in Buenos Aires, und nach zwei Stunden Gepäckband-Beobachtung kann ich sagen: MEIN KOFFER WAR NICHT DABEI. Panisch befragte ich den Servicemenschen, der da rumturnte, ob das etwa schon alles war: „Yes Mam, that was everything“.
Wie "everything"? Kann ja nicht sein, denn ich hatte ja noch nichts.
Ich kann Euch sagen, die ersten beiden Tage ist man ja noch sicher, dass das Ding bald nachgeliefert wird, ab dem dritten wird man leicht nervös, ab 4-5 panisch und ab Tag 7 alkoholabhängig. Ich hab sogar kurzfristig wieder geraucht.
Nach Tag drei startete ich schon einen Beutezug in der dortigen Innenstadt und kam damit zurück:
JAHA, ich weiß, aber mehr „Brauchbares“ gab es nicht!!!
Tag 7 ließ mich in Jubelstürme ausbrechen: Ein Päckchen aus BA mit einer weißer Zara-Bluse + schwarze Leggings, einer der schönsten Momente meines Lebens.
Heute kann ich sagen: Ich habe überlebt. 18 Tage mit dem, was ich auf dem Flug dabei hatte (Treggings, zweimal Unterwäsche, Strickjacke, pinke Ballerinas und LV-Schal) und dem Zeug, was ich mühevoll beschafft habe. Ohne brauchbare Schminke, ohne Nagellack, ohne Glätteisen. OHNE, OHNE, OHNE.
Danke an meine reizenden Kollegen, die sich ganz besonders gefreut haben, dass ausgerechnet mir das passiert ist und sich permanent über meine Puschen lustig gemacht haben.
Danke an die Hotelreinigung, die mit 100% Aufschlag meine Sachen über Nacht gereinigt hat, und mein größter Dank gilt dem Malbec, ohne den ich mein mieses Äußeres vermutlich gar nicht ertragen hätte. Prost.
PS: Nach 2 Monaten stand das blöde Teil auf einmal in Hannover am Flughafen, und hätte ich die ganze Zeit gewusst, was da alles drin war, hätte ich noch vor Ort 'ne Therapie angefangen.
Fotos: Corinna

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Kommentare
@ Corinna: Thank you so much...:-) echt lustige Geschichte.
Ehrlich gesagt, ist genau diese Geschichte meine absolute Horrorvision!!! Jedes mal, wenn ich irgendwohin fliege... Jedes mal stehe ich am Gepäckband, bekomme Schweißausbrüche und gehe im Kopf durch, was alles in dem Koffer ist, was ich davon wieder irgendwo nachkaufen könnte und ...das Wichtigste: wo zur Hölle bekomme ich anständige Outfits für die kommenden Tage her.
Vor Ort in Peking hatte sie mehrere Meetings, sollte vor wichtigen Jungs aus der ganzen Welt eine Präsentation halten, zweimal war sie quasi Mitgastgeberin eines Cocktailempfangs (sie hatte Zuhaus von extra 2 schicke Kleider gekauft!). Vor Ort gabs ein straffes Programm, eng getaktete Termine. Nicht wirklich Zeit, um Geschäfe abzuklappern und nach passenden Größen zu suchen.
Aber da ihr Koffer in London geblieben war, trug sie die ganze Zeit lang die gelben Satinballerinas, mit denen sie ins Flugzeug gesteigen war, oder Herrenflipflops von Boss, die sie dort erstanden hat. Ihre Unterwäsche wurde abendlich von Hand gewaschen, unten rum trug sie immer ihre eigene Jeans, oder einen Wickelrock, den ihr eine chinesische Assistentin besorgt hat.
Obenrum gabs wechselnde Herrenhemden (ebenfalls aus dem Boss-Store in Hotelnähe). Damit alles ein bisschen schick aussieht, hat sie selbe Assistentin losgeschickt, um bei Hermes 2 Carrées zu holen. Die hat relativ häßliche Muster gewählt, Zuhause wurde gleich die Schwiegermutter mit den Tüchern beglückt.
Die Moral von der Geschicht: Bei wichtigen Anlässen IMMER eine Ersatzgartinur im Handgepäck tragen!
Oh Gott! Das hört sich an wie Boot Camp, Survial-Tour der Extreme oder "Ich bin ein Fashion-Girl... holt mich hier raus"... HORROR!!!!!!!! Das Trauma wird dich noch Jahre begleiten. Wahrscheinlich wirst du nie wieder einfach mal so ein Outfit für den Flieger wählen können, sondern wirst dir den Kopf zermadern, welche Kleidung für den Notfall einen Aufenthalt retten kann. Der einzige Vorteil den du hast: Du kannst anziehen, was du willst, du siehst sicherlich noch in jedem x-beliebigen weißen Shirt zum Anbeißen aus!
Da gegen war meine Hähnchengrill-Aktion gar nix!!!