Nekrolog: Die Mode verliert eines ihrer Genies

Mit dem Selbstmord Alexander McQueens verliert die Mode eines ihrer begabtesten Kinder. Der Brite, Sohn eines Taxifahrers, war ein begnadeter Schneider und ein großer Visionär. Sein letzte Kollektion bewies das in Perfektion. Nicht nur die Show setzte nie vorher dagewesene Maßstäbe (hier geht es zum Artikel), sondern auch die Mode wies in neue Wege. McQueen war eine Art Fashion-Zauberer, der alte Schneiderkunst à la Savile Row in die Zukunft katapultieren konnte und deswegen geniale Mode schuf. Sein Ableben beweist aber auch, das solche kreativen Köpfe wie er sehr emotional und zart besaitet sind. Die Genialität geht hier Hand in Hand mit einer großen Verletzbarkeit und Sensibiltät, die wahrscheinlich wohl die Basis ist, zum solche modischen Kunstwerke schaffen zu können.
Der Tod McQueen beweist aber auch, dass obwohl die Modebranche wie kaum eine andere hart, unerbittlich und sehr oft auch oberflächlich ist, dort Menschen am Werk sind. Menschen mit Gefühlen, die trauern, die am Leid zerbrechen oder über den Tod eines geliebten Menschen nicht hinweg kommen. Alexander McQueen verlor vor wenigen Wochen seine Mutter. Seiner Gönnerin und gute Freundin Isabella Blow nahm sich im Mai 2007 das Leben, als man bei ihr Krebs diagnostizierte. Beide Verluste verursachten große Lücken im Leben des Alexander McQueens. Lücken, die er scheinbar nicht zu füllen vermochte und die ihm, den hochgejubelten Designer, trotz des Stress des Alltags, so kurz vor den Schauen, in eine Leere stürzten, aus der er keinen Ausweg mehr fand.
Isabella Blow 2006
Ich habe zwei seiner Kollektion live miterleben dürfen. Seine letzte Prêt-à-Porter Femme-Schau für den Sommer 2010...
Sommer 2010
... und die Show Herbst/Winter 2006/07, in der seine Freundin Kate Moss als Hologramm erschien, um die Models mit Geweihen und Vogelflügeln auf dem Kopf defilierten (Habe gerade vergeblich die Bilder von Kate gesucht. Sorry! Finde nur die Kollektion.).
AW 2006/07
Ich weiß noch, wie aufgeregt ich war, als ich die Karte in meinem Briefkasten fand. Damals fotografierte ich noch mit Prints und es war verboten zu blitzen, damit der Hologramm Effekt nicht gestört wird.
Beide Defilées gehen in meinen Augen in die Geschichte der Mode ein. Ich werde sie auf alle Fälle nie vergessen, denn sie waren mehr als nur Fashion-Schows. Er waren Kunst-Happenings.
In Memoriam möchte hier ein paar seiner letzen Kollektionen vorstellen.
AW 2007/08
Sommer 2008
AW 2008/09
Sommer 2009
AW 2009/10
Sommer 2010
Am 9. März hätte er eigentlich in Paris sein Schau zeigen sollen. Wie immer hätte ich versucht, ohne Karte hinein zu kommen. Nun wird es keine Schau mehr geben und ich bin tief traurig und bestürzt darüber. Goodbye, Alexander. Ich hoffe, Du bist nun bei Deinen Lieben, die Du so vermisst hast. Hinter Dir schließt sich eines der interessantesten Kapitel der zeitgenössischen Modegeschichte.
Fotos: modepilot/parisoffice (5), Catwalkpictures (6)
Photo Credit:

Kommentare

  • dafo sagt:

    Ein Nachruf der berührt und betroffen macht. Danke!
  • London Office :-) sagt:

    RIP
  • Sibel sagt:

    Danke, für den schönen Bilder-Rückblick. Darin drückt sich viel Hochachtung und Gefühl aus! McQueen war wirklich ein hochtalentierter Künstler. Für mich war er schon in jungen Jahren eine Liga mit Westwood.
    Aber jeder soll vorsichtig sein mit Spekulationen, was in ihm vorging und warum er sich das Leben nahm. Sowas macht es für seine nächsten Hinterbliebenen sicher nur umso schwerer.
  • mausimaus sagt:

    Ich war gestern so schockiert, als ich es erfahren habe. Die Modewelt hat wirklich einen der Größten verloren.

    RIP, Alexander.


  • blomquist sagt:

    RIP!

    Ein sehr schöner Artikel.

    Habe Tränen in den Augen...


  • amanda james sagt:

    ein wirklich schöner und trauriger artikel.
  • aficionada sagt:

    Ich habe heute den ganze Tag immer wieder daran denken müssen. Um es fassen zu können, vielleicht. Es ist mir nicht gelungen. 🙁
  • jonas sagt:

    bei allem respekt, ich möchte niemandem auf die füße treten, aber.....vor wenigen wochen sind in haiti hunderttausende menschen gestorben und die überlebenden vegetieren weiter vor sich hin in bitterster armut.
    mcqueen hatte bekanntheit über die modewelt hinaus, ruhm, sicher auch ausreichend geld, freunde und einen lifestyle auf den bühnen dieser welt. vielleicht hätte ihm eine reise durch die slums von rio gutgetan, um ihn wieder auf den boden zu bringen und seinem leben einen sinn zu geben. da hätte er sein geld, seine bekanntheit und sein kreatives potential in die richtige richtung lenken können.
    zart besaitet hin oder her....jeder verliert irgendwann seine eltern und einen oder mehrere gute freunde. das gehört zum leben dazu. gegen depressionen gibt es tabletten und therapeuten. sport soll auch helfen.
    für selbstmord hab ich kein verständnis und es ist leider ein phänomen der übersättigten westlichen welt, die vor lauter konsum-überfluss nicht weiss wohin mit sich.
    jonas
  • auchmilan sagt:

    @ jonas:
    ich finde es respektlos die betroffenheit für den verfrühten verlust eines bewunderten und respektierten menschen zu kritisieren.
    es gibt vieles wofür ich auch kein verständnis habe, aber deswegen urteile ich es nicht einfach so kategorisch ab.