Die Mode wird streng und fromm

Fromme Mode

Neue Modetendenzen erkennt man an sich selbst, ganz früh, wenn man ehrlich zu sich ist. Zum Beispiel an diesem Gefühl, täglich eher in eine Hose zu schlüpfen als in einen Rock, was man vielleicht noch letztes Jahr lieber tat. Oder das Runterspielen, besser bekannt als Modetrend "Normcore", wenn man plötzlich Goldknöpfe vermeidet, wie der Teufel das Weihwasser und lieber alte Jeans und Pullover aufträgt oder welche, die zumindest so aussehen.

Welcher Trend liegt 2015 in der Luft?

Man sieht im Uni-Viertel gerade lauter zerrissene Hotpants und ausgewaschene, ausgeleierte Tanktops, die noch dem Normcore gerecht werden, der Hitze, dem studentischen Budget und vor allem den schönen Beinen und Armen junger Studentinnen. Leidenschaftliche Modebeobachter zieht es indes wieder zur strengen Verpackung. Blumenkleider shoppen wir allenfalls noch im Sale. Oder, wie es Lena Dunham mit einer kurzen SMS-Konversation, die sie mit Man Repeller-Gründerin Leandra Medine führte, gerade veröffentlichte...
Ein von Lena Dunham (@lenadunham) gepostetes Foto am
Das ist nicht leicht verständlich: "Hasidic". Dunham vergleicht die aktuelle Mode mit einer sehr streng gläubigen, frommen jüdischen Bewegung, "chassidisch" bei uns genannt. Und Leandra, ohne Frage ein Stilvorbild für jeden, der Mode liebt, begründet die wohl richtige Beobachtung mit den Olsen-Zwillingen, die mittlerweile in der High Fashion die Richtung mit angeben.  "Man Repeller" bedeutet soviel, wie Männer abstoßend. Leandra trägt gern weite, hoch sitzende Jeanshosen und Rollkragenpullover. Und auch, was Mary-Kate und Ashley Olsen ihren Kundinnen anbieten ist nicht unbedingt das, was die Männer der Kundinnen sich wünschen würden. Körperfern und körperverhüllend. So ist das aber meist mit Dingen, mit denen man sich intensiver auseinandersetzt – es setzt sich von der Gefälligkeit und vom Mainstream ab. Oder welcher Musikexperte hört Helene Fischer? Eben. Drum trägt auch keine Modejournalistin Selbstläufer, wie die Kombination aus roten Lackpumps, roter Handtasche und schwarzem Stretch-Minikleid.
Das, was Mary-Kate und Ashley Olsen oder Leandra Medine tragen, werden Selbstläufer, No-brainer mit der Zeit. Vielleicht nicht alles und auch nicht in den Kombinationen, aber zumindest Einzelteile oder Tendenzen davon. Und daher lohnt sich ein genauerer Blick darauf.
Ein Argument, warum das Verpacken mit mehr Textil kommt: Jeder, der modemäßig etwas auf sich hält, trägt nun Culottes, also Hosenröcke. Der Männerschreck sieht zwar alles andere als figurschmeichelnd aus, zumindest auf den ersten Blick, aber derlei Kleiderwahl wird anerkennend bewertet. Unter den Modetendenz-Verfolgerinnen. Culottes muss man mit sehr hohen Schuhen tragen, um sich einigermaßen wohl darin zu fühlen. Selbst die Olsen-Zwillinge greifen zu High Heels, aber die sind auch sehr klein. Konsequenter Weise trägt man sie mit flachen Schuhen. Beide Varianten in unserer Streetstyle-Galerie von den vergangenen Fashion Weeks ...

Culottes im Streetstyle

 
Ein weiteres Argument, warum sich die The Row Mode durchsetzen könnte: Genau, wie die Olsen-Zwillinge (ursprünglich bekannt als Schauspielerinnen in der Rolle der zuckersüßen, niedlichen Kinderzwillinge der US-Serie 'Full House') hat man es irgendwann satt, als "süß" bezeichnet zu werden. Angesichts der vielen, kleinen Handtaschen überall, der verspielten iPhone-Hüllen, der Moschino-Mode und der Blumendrucke ist es nur eine Frage der Zeit, wann man sich genau danach sehnt:

The Row: Sommer, Herbst und Winter 2015

 

Photo Credit: Catwalkpictures, The Row
Modepilot ist Deutschlands erster Modeblog. Mit seiner Gründung in 2007 war und ist er Vorreiter der unabhängigen Mode-Berichterstattung. Noch heute wird die Seite leidenschaftlich von Mitgründerin Kathrin Bierling geführt. Sie ist eine ausgebildete und erfahrene Journalistin, die zunächst bei der Financial Times lernte und arbeitete und dann einige Jahre bei der WirtschaftsWoche beschäftigt war, bevor sie die Seiten Harpersbazaar.de, Elle.de und InStyle.de verantwortete. An Modepilot liebt sie, dass sie die Seite immer wieder neu erfinden muss, um am Puls der Zeit zu bleiben. Worin sie und ihre Autoren sich stets treu bleiben: Den Leser ernst nehmen, nicht sich selbst.

Kommentare

  • Dana sagt:

    Liebe Kathrin,

    Row ist auch das jiddische wort für Rabbi, deshalb soll es dreifach (oder doppelt?) lustig sein. Ein echter Witz für eingeweihte 😀


    • Kathrin Bierling sagt:

      Liebe Dana,

      hab vielen Dank für die Erklärung.

      Liebe Grüße,

      Kathrin


  • efz sagt:

    Liebe Kathrin -

    bei Row muss dann auch das >wRow< nicht englisch ausgesprochen.....eh klar.


    • Kathrin Bierling sagt:

      Liebe Ma,

      ja, ist klar 😉

      Danke & Bussi!


  • flx sagt:

    so gesehen und geschrieben, macht's schon sinn.

    auch gut für den mann, eine chance sich intensiver mit der frau auseinanderzusetzen:)


    Kathrin, weißt Du auch wer die Jenni aus Lena's SMS sein soll?
    • Isabelle Braun sagt:

      Ich vermute Jenni Konner, ihr "partner in crime" und Executive producer von "Girls"
  • Sabina @Oceanblue Style sagt:

    Mich erinnert das ganze ja eher an alles japanische, was gerade sehr angesagt ist und mir als Japanliebhaberin sehr gut gefällt. Aber in New York ist das Jüdische ja viel presenter 😉 So hat halt jede ihren Bezug.....LG Sabina | Oceanblue Style